Nell Zink

Avalon

Roman
Cover: Avalon
Rowohlt Verlag, Hamburg 2023
ISBN 9783498003111
Gebunden, 272 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Überhoff. Für Bran Thomas ist Avalon ein paradiesischer kleiner Hafenort auf Santa Catalina Island, vor der Küste Kaliforniens. Sie war dort nur einmal, mit ihrer Mutter, als diese noch lebte. Seit deren Tod wächst Bran bei einer Stieffamilie auf, die eine Pflanzengärtnerei betreibt. Brutalität und Ausbeutung hilflos ausgesetzt, haust sie in einem Schuppen und schuftet für Kost und Logis. Aber sie ist klug, schafft die Highschool - nur fehlt ihr eine Perspektive. Sie kampiert in ihrem zusammenbrechenden Auto, jobbt im Coffeeshop und anderswo und hält per Handy Kontakt zu ihren ehemaligen Mitschülern, die alle an der Uni sind. Eines Tages schleppt ein Schulfreund Peter an, einen gut aussehenden intellektuellen Überflieger von der Ostküste, der pausenlos Kapitalismuskritik absondert. Bran sieht ihn und verliebt sich unsterblich. Das Problem: Er interessiert sich zwar auch sofort für sie, aber er ist mit einer bruneiischen Prinzessin verlobt und, Kapitalismuskritik hin oder her, konservativ. Nur mit Brans proletarischer Resilienz hat er nicht gerechnet …

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.06.2023

Rezensentin Katharina Granzin bewundert die seltene Mischung aus Sozialdrama, Fantasy und College-Roman, die Nell Zink mit ihrem Buch vorlegt. Die Geschichte einer sozial benachteiligten jungen Frau im Südkalifornien der Reichen und Schönen erzählt Zink laut Granzin mit viel Ironie und einem Sound der Uneigentlichkeit als Aschenbrödel-Märchen. Der American Dream als Persiflage - für Granzin ein großer Spaß.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.06.2023

Mit viel Humor schreibt die kalifornische Autorin Nell Zink in ihrem neuen Roman über ernste Themen, freut sich Rezensent Cornelius Wüllenkemper. Es geht um die Teenagerin Brandy, die als elternlose Außenseiterin viele Widrigkeiten überwinden muss, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können: Ihre Stieffamilie lässt sie auf dem Hof schuften, und Grandpa Larry ist Mitglied einer Biker-Gang, erfahren wir. Der Kritiker hebt den "lässigen Grundton" hervor, der dem Roman trotz des kritischen Blicks auf gesellschaftliche Benachteiligung eine "verspielte Unbekümmertheit" verleiht. Durch ihre Freunde in der High-School eröffnen sich Brandy langsam neue Perspektiven und Chancen, verrät Wüllenkemper, der nachdrücklich die Lektüre dieser "Glückssuche unter der Sonne Kaliforniens" empfiehlt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.05.2023

Dass Nell Zink in Kalifornien geboren wurde und jetzt in Brandenburg lebt, ist für Rezensent Felix Stephan mehr als eine Fußnote. Denn die Ich-Erzählerin Bran, die über den Pacific Coast Highway fährt, kommt dem Rezensenten wie eine Exilantin vor, die sich wie einst Vladimir Nabokow an die Heimat erinnert. Darin eingekapselt erzähle Zink eine Geschichte der Ausbeutung und Selbsterniedrigung in den USA, fasst Stephan zusammen. Bran entlarve zwar das System der gesellschaftlichen Gewinner, empfinde es aber gleichzeitig als alternativlos. Zink schafft es, so der offensichtlich selbst erstaunte Rezensent, dass man ihrer Heldin Erfolg bei ihrem kaltblütigen Aufstieg wünscht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.05.2023

Rezensentin Ingeborg Harms verfolgt mit Nell Zinks neuem Roman die Geschichte von Brandy, die es zunächst mal ziemlich beschissen getroffen hat. Ihre Mutter hat sich ins Kloster entzogen, der Vater ist von Kalifornien nach Neuseeland ausgewandert, sie muss mit den Hendersons Vorlieb nehmen, einer Pflegefamilie, die sich mehr für die finanziellen Zuwendungen interessiert als für das Wohl der Pflegetochter, fasst Harms zusammen. Aber Brandy hat Durchsetzungskraft, irgendwie schafft sie es, aus diesen Verhältnissen mit einer Kühnheit und Frechheit und gleichzeitig "analytisch souverän" auszubrechen und zu erzählen, wie es die Kritikerin bislang nur selten gelesen hat. Die Romanheldin zieht zu ihrem Freund nach Harvard, aber nicht ohne diverse familiäre und persönliche Hindernisse zu überwinden - das mag dem deutschen Geschmack vielleicht zu sozialmärchenhaft sein, mutmaßt Harms, sie aber empfindet den Roman auch mit seinen Andeutungen an die Artus-Mythologie in "rotzfrecher" Sprache als erfrischend und damit unbedingt lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.05.2023

Einen im besten Sinne völlig abgedrehten Roman hat Nell Zink vorgelegt, findet Rezensent Carsten Otte. Es geht, mit Anspielungen auf Artus und Rabelais, um ritterliche Liebe, Sagenwelten, Erwachsenwerden und das alles auf so parodistische wie originelle Weise, so Otte. Wie auch die Autorin in ihrem Buch springt er zwischen den verschiedenen Erzählebenen hin und her: zum einen haben wir Peter, der sich um Bran bemüht, deren Name sich wohl nicht zufällig auch in der keltischen Mythologie findet, und zum anderen ein Milieu, das faschistoide Sehnsüchte auf fremde Orte und Zeiten richtet, wie der Kritiker ob dieser Stoffmenge gleichzeitig erschlagen und beeindruckt feststellt. Der Humor Zinks mag nicht allen gefallen, räumt er ein, aber für ihn ist es ein Buch, das durchschlagenden Erfolg allein schon dadurch verdient hätte, dass es pseudoritterlicher Romantik den Spiegel vorhält.