Alain Claude Sulzer

Privatstunden

Roman
Cover: Privatstunden
Edition Epoca, Zürich 2007
ISBN 9783905513431
Gebunden, 237 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Ende der sechziger Jahre erhält ein junger Emigrant aus Osteuropa privaten Sprachunterricht von einer vierunddreißigjährigen Frau, die den Lehrerberuf nach der Geburt des ersten Kindes aufgegeben hat. Sie wird zum wichtigsten Bezugspunkt im neuen Leben des Studenten. Über das elementare Erlernen der deutschen Sprache entsteht eine Nähe, der sich weder Lehrerin noch Schüler entziehen können. Jahrzehnte später macht sich der Sohn der Lehrerin auf die Suche nach ihrem einstigen Geliebten ...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.02.2008

Ursula März ist ein Fan von Alain Claude Sulzers Melodramen. Und so fasziniert sie auch dieses Kammerspiel der "aufs Ende hin" konzipierten Geschichte einer Mesalliance. März erläutert die verhaltene Präzision des Textes im Umgang mit "begrenztem Personal" und "wenigen Schauplätzen", aber auch seine historische Dimension. Vor der Kulisse des Kalten Krieges, erklärt sie, entfalte der Autor seine "Logik des Unglücks", wie Zeitgeschichte in die intimsten Bereiche des Einzelnen eindringe. Sulzers Erzählstil nennt März "elegisch". Dramaturgisch erinnert sie das Buch an Sulzers bekanntesten Roman "Ein perfekter Kellner".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2008

Alain Claude Sulzers "Privatstunden" ist nach Ansicht von Rezensentin Julia Bähr nicht wirklich gelungen. Dabei attestiert sie dem Roman über die außereheliche Beziehung der 34-jährigen Hausfrau Martha, die von ihrer Familie mehr oder weniger ignoriert wird, und dem 20-jährigen Flüchtling Leo, dem sie Deutschunterricht gibt, durchaus gute Seiten. Sie schätzt etwa, dass Sulzer ohne Klischees auskommt und die Beziehung zwischen den beiden sich vorsichtig entwickelt. Allerdings hält sie dem Autor vor, bisweilen zu beschreiben, "was hätte passieren sollen, anstatt es einfach passieren zu lassen". Immer wieder fehlt ihr schlicht die Umsetzung in Handlung, was sie um so mehr bedauert, als das Buch in ihren Augen mit "überzeugenden Ideen" aufwartet.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.01.2008

Als "Kleinod" lobt Rezensentin Angelika Overath diesen Roman, dessen Autor sie als "Meister der Miniatur" und der Dramaturgie feiert. Im Zentrum stehen ihrer Schilderung zufolge die Liebesaffäre einer Hausfrau Mitte Dreißig mit ihrem zwölf Jahre jüngeren Nachhilfeschüler, einem geflohenen tschechischen Dissidenten, und die Geschichte des Sohns dieser Frau, der sich Jahre später auf die Suche nach dem Liebhaber seiner Mutter macht. Zunächst hat sich die Rezensentin dem Sog dieses "Geschichtenkaleidoskops" aus verschiedenen parallel erzählten Zeiten und Wirklichkeiten willig ergeben und sich tief auf diese durch vier Jahrzehnte zwischen Amerika, einer osteuropäischen Provinzstadt und einer Schweizer Metropole spielende "melancholische Liebesgeschichte" eingelassen. Trotzdem hat sie dieses "sehr schöne" Buch nicht ohne Widerstände gelesen. Denn die darin geschilderten Beziehungs- und Eheverhältnisse scheinen ihr mitunter so nach Ausbruch zu schreien, dass sie nicht versteht, warum Alain Claude Sulzer seine Protagonistin Martha ihrem Geliebten Leo nicht in die USA folgen lässt. Doch am Ende ist es aus ihrer Sicht wohl gerade dieses "heimliche Süße", dem der Roman seine Faszinationskraft verdankt.