Archie Brown

Der Mythos vom starken Führer

Politische Führung im 20. und 21. Jahrhundert
Cover: Der Mythos vom starken Führer
Propyläen Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783549074930
Gebunden, 480 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. Archie Brown beleuchtet die Erfolge und Misserfolge der größten Demokraten und Diktatoren der vergangenen hundert Jahre und zeigt: Wenn wir einem einzelnen Menschen erlauben, viel Macht anzuhäufen, ebnen wir den Weg für gravierende Fehler und im schlimmsten Fall für katastrophales Blutvergießen. Von Hitler und Stalin über Trump, Putin und Erdoğan bis hin zu Brandt, Mandela und Gorbatschow untersucht Brown verschiedene Führungsstile und stellt weitverbreitete Annahmen über politische Wirksamkeit und Stärke in Frage. Anhand zahlreicher Beispiele belegt er, dass das Modell einer kollektiven Führerschaft viel effektiver ist als die Stärke eines Einzelnen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.11.2018

Marian Nebelin lässt sich vom Oxford Emeritus Archie Brown nur zu gern die Mär vom starken Führer erzählen und entzaubern. Das im englischen Original 2014 erschienene Buch scheint Nebelin bemerkenswert, weil es mittels politikwissenschaftlicher Rasterung des Begriffs "Führer" sowie historischen Beispielen zu neuen Einsichten verhilft, etwa derjenigen, dass individuelle Herrschaft gefährlicher ist als kollektive. Wie der Autor anhand internationaler Beispiele Formen politischer Führung unterscheidet und Politiker wie Gorbatschow, Mandela, aber auch Trump, Erdogan oder Xi Jinping darstellt, findet Nebelin aufschlussreich. Besonders die exemplarische Diskussion der Folge Hitler, Adenauer, Brandt, Kohl und Merkel erschließt Nebelin Erkenntnisse in Sachen demokratischer Konsolidierungsprozesse.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.06.2018

Rezensent Thomas Speckmann nimmt dem Historiker und Politologen Archie Brown seine Skepsis ab gegenüber einer einzelnen politischen Führungsperson im demokratischen Staat. Dass die Wahrscheinlichkeit schlechter Entscheidungen mit so einer Konstellation steigt, kann ihm Brown deutlich machen. Wenn Brown von Hitler und Stalin über Adenauer und Brandt bis Mandela, Trump, Putin und Erdogan Führungsstile untersucht und unterscheidet, ahnt Speckmann, dass es ein transformativ orientierter Präsident in den USA niemals leicht haben wird.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.03.2018

Archie Browns "Mythos vom starken Führer" ist laut Rezensent Stephan Speicher ein "besorgtes Buch" angesichts der Beständigkeit des Wunsches nach Stärke. Für Speicher enthält es zu viele Oberflächlichkeiten, dennoch hat der Rezensent die Lektüre stellenweise als wahrhaft anregend empfunden. So vor allem, wenn Brown am Beispiel Tony Blairs seine Grundthese erläutert, wonach ausgeprägte persönliche Dominanz zwar oft gewünscht werde, in der Politik aber meist ein Fehler sei, weil sie komplexen Sachverhalten mit einfachen Lösungsversuchen begegne. Das will der Autor an Blairs Beharren auf den Irakkrieg bewiesen haben, informiert der Rezensent. Speicher selbst gibt indessen zu bedenken, dass auch eine Figur wie Margaret Thatcher einiges verändert hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2018

Rezensentin Isabell Trommer räumt gern ein, dass einiges an diesem Buch grob vereinfacht, antiquiert oder konventionell geraten ist. Trotzdem bereitet es ihr "großes Vergnügen". Denn der britische Historiker macht darin Schluss mit der Unterscheidung von starken und schwachen Führungsfiguren in der Politik. Clement Atlee zum Beispiel sei bescheiden und loyal gewesen, ein Team-Player, aber er habe als Labour-Premier Großbritannien umgekrempelt wie kaum jemand vor ihm. Daher nennt Brown diese Form der Machtausübung "neudefinierend", da sie die Grenzen des Möglichen verschiebt und die Spielregeln neu bestimmt. Das haben auch Franklin Delano Roosevelt, Lyndon B. Johnson und Margaret Thatcher getan. "Transformativ" dagegen nennt Brown Politiker, die das politische System grundlegend veränderten, wie etwa Charles de Gaulle, Deng Xiaoping oder Nelson Mandela. Diesen Ansatz findet Trommer nicht verkehrt, bis ins Letzte überzeugt hat er ihn aber nicht.
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