Axel Honneth (Hg.)

Befreiung aus der Mündigkeit

Paradoxien des gegenwärtigen Kapitalismus
Cover: Befreiung aus der Mündigkeit
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783593370804
Gebunden, 254 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Weder liberale Fortschrittsdiagnosen noch verfallstheoretische Zukunftsprognosen können die Entwicklung des modernen Kapitalismus adäquat erfassen. Die kapitalistische Modernisierung und Rationalisierung droht in Entmündigung und Ausschließung umzuschlagen. An Beispielen wie der Vermarktlichung sozialer Beziehungen und industrieller Arbeit, der individualisierten Verantwortungszuschreibung in Strafrecht und Sozialpolitik, des Strukturwandels familialer Sozialisation und der Zunahme transnationaler Steuerungspolitiken untersuchen die Beiträge des Bandes die paradoxalen Verläufe kapitalistischer Entwicklung zwischen Freiheitsgewinn und Autonomieverlust.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.07.2003

Christian Geyer nutzt seine Besprechung dieses Bandes, um einige böse Worte über die Individualismustheorie im allgemeinen und ihren prominentesten Vertreter Axel Honneth im besonderen zu verlieren. Wie "unhistorisch" und "einfältig" die Individualisierungsforschung ist, die oft genug auch als Erforschung des Glücks auftrete, will Geyer etwa daran erkennen, dass sie nicht zu unterscheiden vermag, ob ein August Strindberg ein "begnadeter Individualist" war oder einfach "nicht alle Tassen im Schrank" hatte. In Honneths neuem Band "Befreiung aus der Mündigkeit" werden nun die "Paradoxien der Individualisierung" in den Blick genommen, wonach aus der "Option" zur Individualisierung ein "Zwang" zur Individualisierung entstanden sei, ein Zwang zum möglichst originellen, kreativen Lebensentwurf". Doch dass dies als Erkenntnisgewinn gefeiert wird, ringt Geyer ein müdes Lächeln ab, gehört es für ihn doch zum Handwerk jedes Sozialwissenschaftlers, soziale Vorgänge auf unerwartete Nebenfolgen hin zu untersuchen. "Schlimm genug" findet es Geyer, dass "die individualisierungstheoretischen Utopisten aus jüngster Zeit" dies vergessen haben könnten. Doch dass Honneth künftig sogar die gesamte Arbeit des Frankfurter Instituts für Sozialforschung am Begriff der Paradoxie ausrichten will, ist ihm schlicht zu trivial.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

Elisabeth von Thadden wünscht und fordert, dass es nach dem "legendären Frankfurter Institut" von Horkheimer und Adorno wieder einen soziologischen Vorstoß gibt, der ausdrücklich "normativ" ausgerichtet ist, also Analyse der Verhältnisse zum Zweck der Veränderung betreibt. Mit diesem "schmalen" Buch liege nun zumindest ein "erster Versuch" in diese Richtung vor, freut sich die Rezensentin, auch wenn sie ihn etwas zaghaft findet. Sie kritisiert auch zuallererst, dass es bei den Autoren des Buches an "waschechten Ökonomen" und einer "starken psychoanalytischen Stimme" fehle, auch wundert sie sich, dass kein Beitrag von einer Frau geschrieben wurde und ausschließlich deutsche Autoren beteiligt seien. Dann wendet sie sich einzelnen Beiträgen zu. Zustimmend zitiert sie den Aufsatz von Klaus Günther, der argumentiert, Eigenverantwortlichkeit und Freiheit des Einzelnen sei nur bei gleichzeitiger "sozialstaatlicher Absicherung" möglich. Auch den Beiträgen von Honneth und Voswinkel über den "Zwang zur Originalität" und die Frage nach möglicher Anerkennung für "subjektivierte Arbeit" wie sie etwa die "unsichtbar arbeitenden" Hausfrauen leisten, stößt bei ihr zwar nicht auf explizites Lob, aber auch nicht auf Ablehnung.
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