Barbara Spinelli

Der Gebrauch der Erinnerung

Europa und das Erbe des Totalitarismus
Cover: Der Gebrauch der Erinnerung
Antje Kunstmann Verlag, München 2002
ISBN 9783888973123
Gebunden, 440 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Friedrike Hausmann, Peter Kaiser und Walter Kögler. So oft derzeit die Erinnerung beschworen wird, so blind scheint die europäische Politik gegenüber der unmittelbaren Vergangenheit. Was hindert Europa, aus seiner Geschichte zu lernen? Diese aufregende Frage legt die politische Journalistin Barbara Spinelli wie ein Brennglas auf das letzte Jahrzehnt europäischer Geschichte. Barbara Spinelli verfolgt die Degeneration der Erinnerung in ebenso klarsichtigen wie streitbaren Analysen von Deutschland, Österreich, Italien und Russland bis zum Balkan und ins heutige Israel. Gegen die Sehnsucht nach "Vergangenheitsbewältigung" und einer "Stunde Null" setzt sie die Forderung nach einer zwar unbequemen, aber heilsamen Kultur des Erinnerns als Fundament europäischer Politik.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.12.2002

Wenig Gutes weiß Rudolf Walther über dieses Buch der italienischen Journalistin Barbara Spinelli zum Umgang mit der Vergangenheit zu berichten. So charakterisiert Spinelli etwa die jüngste Geschichte der Europäer als "Unfähigkeit", wenn nicht gar "Weigerung", sich "als Teil der Geschichte zu begreifen". Zwar habe sich die Autorin damit eines spannenden Themas angenommen und hier und da interessante Aspekte beleuchtet, aber letztlich verharre sie denn doch in empirisch unhaltbaren Halbwahrheiten, schwammigen Terminologien und gewagten Thesen, ärgert sich der Rezensent. Und so sei dieses Buch letztlich, bedauert Walther, ein "ausufernder Materialhaufen", redundant dazu, ohne "klare Fragen" oder eine nachvollziehbare Problemstellung, ein Buch, das Walther offensichtlich nicht so recht weiterempfehlen mag.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

Nur ein gutes Jahrzehnt liegt der Zusammenbruch des Kommunismus in Europa zurück, doch schon scheint im kollektiven Gedächtnis der Europäer die Erinnerung an die Untaten und zvilisatorischen Verwüstungen, die der kommunistische Totalitarismus angerichtet hat, zu verblassen. So referiert Rezensent Richard Herzinger Barbara Spinellis Bestandsaufnahme in Sachen Erinnerung. Herzinger hebt hervor, dass die Journalistin die Verdrängung der Erinnerung an den Kommunismus nicht aus "antikommunistischer Rechthaberei" beklagt. Auch geht es ihr nicht wie manch rechtem Geschichtsumdeuter darum, kommunistische gegen nationalsozialistische Verbrechen aufzurechnen, hält der Rezensent fest. Im Gegenteil: Spinelli befürchte, dass die Verdrängung des kommunistischen Erbes die Bereitschaft zur fortgesetzten Erinnerungsarbeit an der totalitären Vergangenheit insgesamt schwäche. Die Fortsetzung der Erinnerungsarbeit ist nach Spinelli aber notwendig, nicht um im Rückblick Schuldfragen zu diskutieren, sondern, so Herzinger, "um die drohende Wiederkehr dieser Schrecken in neuen Verkleidungen rechtzeitig erkennen und bekämpfen zu können". Damit hat sie den Rezensenten überzeugt. Ihr Buch belege eindrucksvoll: "Wer seine dunkle Vergangenheit zu vergessen sucht, hat die Zukunft schon verloren."