Brigitte Reimann

Die Geschwister

Roman
Cover: Die Geschwister
Aufbau Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783351042042
Gebunden, 224 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Eine junge Frau wird von ihrem Bruder getrennt, als dieser beschließt, in den Westen zu gehen. Brigitte Reimanns stark autobiografisch gefärbte Geschichte machte die Tragödie der gerade vollzogenen deutschen Teilung aufs Schmerzlichste erfahrbar. 1963 erschienen, wurde der Roman sofort eines der meistdiskutierten Bücher. Vor allem viele junge Menschen erkannten in den hier endlich ausgesprochenen Konflikten ihre eigenen. Jetzt, sechzig Jahre später, kann dieser seismografische Text noch einmal völlig neu entdeckt werden, dank eines glücklichen Zufallsfundes, der erlaubt, das Buch und seine Geschichte noch völlig neu zu beleuchten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.03.2023

Auch Rezensent Helmut Böttiger ist dankbar, dass sechzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung die Urfassung des Romans von Brigitte Reimann vorliegt. Kein Wunder, dass die Geschichte über Uli, der kurz vor dem Mauerbau in den Westen fliehen will und sich deshalb mit seiner, den real existierenden Sozialismus verteidigenden Schwester Elisabeth anlegt, in der DDR heftig diskutiert wurde. Der im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten entdeckte Urtext ist für Böttiger nicht nur interessant, weil nun auch anhand des dritten Geschwisterkinds Konrad - der bereits im Westen lebt - genau nachzuvollziehen sei, wovor die SED Angst hatte, als sie das Manuskript besonders dort zensierte, wo es um Moral und Kunst ging. Die ungeschönte Version sei auch dazu angetan, die junge Reimann mit Ingeborg Bachmann und den Urtext mit Christa Wolfs "Geteilter Himmel" zu vergleichen.  

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.03.2023

Rezensent Frank Meyer freut sich sehr über die durch einen Zufallsfund ermöglichte Rekonstruktion der unzensierten Fassung von Brigitte Reimanns Roman von 1963. Die neue Ausgabe tilgt Eingriffe der DDR-Zensur und berücksichtigt die Änderungen, die die Autorin selbst vornahm, erklärt Meyer. Damit ist dieser Text den Absichten Reimanns so nah wie keine andere Fassung, verspricht er, und der ganze Mut des Projektes wird sichtbar. Der Roman behandelt die Auseinandersetzungen dreier Geschwister über das Für und Wider der Republikflucht, so Meyer. Die neue Fassung lässt Meyer erahnen, wie mächtig dieses Thema für die Menschen in der DDR war und wie enttäuscht auch regimetreue DDR-Bürger waren. Für den Rezensenten eine intensive Lektüre mit sinnlichem Sound.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2023

Rezensentin Iris Radisch freut sich, einen großen Roman über die deutsch-deutsche Teilung nun in nicht-zensierter Neuauflage lesen zu können. Brigitte Reimann schreibt über drei Geschwister, die kurz vor dem Mauerbau zwischen Bleiben und Gehen hin- und hergerissen sind, ein Bruder will fliehen, die regimetreue Schwester verrät ihn, berichtet Radisch. Sie ist von Reimanns ungewöhnlichem Schreiben und Leben beeindruckt und liest das Buch vor allem auch als Dokument der Auswirkungen, die die Teilung im Kleinen hatte. Einzig einen Kommentar, der erklärt, welche Bearbeitungen die Edition vorgenommen oder im Vergleich zur DDR-Zensur rückgängig gemacht hat, hätte sie sich gewünscht. Die sichtlich angetane Rezensentin empfiehlt das Buch als "unbedingt lesenswert."

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.02.2023

Kritikerin Carola Wiemers liest begeistert den Roman Brigitte Reimanns über drei Geschwister und ihr Verhältnis zur deutsch-deutschen Teilung, eine mit viel Geschick gestaltete Geschichte, durch die sie sich akkurat in die Zeit hineindenken kann. Dass die Herausgeberinnen den 1963 zuerst veröffentlichten Text nach dem Fund neuer Manu- und Typoskriptseiten erweitern konnten, freut sie ebenfalls, aber sie hätte sich gewünscht, dass Angela Drescher und Nele Holdack kenntlich gemacht hätten, an welchen Stellen genau und in welcher Form eingegriffen wurde. Ein präziser Kommentar hätte die Lektüreerfahrung der Rezensentin noch positiver gestaltet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.02.2023

Rezensentin Cornelia Geißler freut sich über eine Wieder- und Neuentdeckung des Werkes von Brigitte Reimann: "Die Geschwister", ein Roman über eine Schwester und zwei Brüder, die die deutsch-deutsche Teilung auf verschiedenen Seiten, von verschiedenen Positionen aus erleben, ist für sie ein hochaktuelles Werk. Sie sieht nicht nur Parallelen zum eigenen Leben der früh an Krebs gestorbenen Autorin, sondern auch zu Christa Wolf, die sich ähnlicher Themen angenommen hat. Eine verschiedene Argumente austarierende, lebensnahe Geschichte, urteilt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.02.2023

Tilman Spreckelsen weiß Einiges zur Entstehungs- und Editionsgeschichte von Brigitte Reimanns "Die Geschwister" zu berichten, das anlässlich ihres 50. Todestages in neuer Überarbeitung erscheint. Möglich gemacht hat das die Entdeckung bearbeiteter Manuskriptsein im früheren Wohnhaus der Autorin, erfahren wir. Der Text berichtet auch über Unterschiede und Überschneidungen des Romans rund um drei Geschwister und die Frage, soll man in der DDR bleiben oder gehen, mit der Familiengeschichte der Autorin. Spreckelsen hätte sich in dieser Neufassung gewünscht, dass stärker erklärt und kommentiert worden wäre, welche Änderungen die verschiedenen Textfassungen unterscheiden, aber ansonsten ist er sehr zufrieden, dass dieser Roman wieder verfügbar gemacht wird.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 18.02.2023

Rezensentin Bettina Hartz zeigt sich äußerst froh darüber, dass der Roman "Die Geschwister" von Brigitte Reimann kürzlich erst als Manuskript auf fast magische Art und Weise wieder aufgetaucht ist und jetzt anlässlich des fünfzigsten Todestags der Autorin in seiner ursprünglichen, nicht zensierten Form neu veröffentlicht wird. Hartz berichtet davon, wie das Persönliche immer auch politisch ist, die Geschichte spielt in der DDR und handelt von drei Geschwistern, die zwischen Bleiben und Gehen hin- und hergerissen sind. Besonders reizvoll ist für die Kritikerin, dass sie bei der Lektüre den Eindruck hat, die Sinnes- und Gefühlseindrücke einer untergegangenen Welt noch einmal heraufbeschwören zu können, Literatur als Konservator sozusagen. Darüber hinaus sorgen die klugen, mit allen Zeichen auf Emanzipation deutenden Frauenfiguren dafür, dass sie nicht nur "Die Geschwister" empfiehlt, sondern auch Reimanns Hauptwerk "Franziska Linkerhand."
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