Charles Taylor

Die Formen des Religiösen in der Gegenwart

Cover: Die Formen des Religiösen in der Gegenwart
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783518291689
Taschenbuch, 120 Seiten, 8,00 EUR

Klappentext

Ausgehend von William James' vor 100 Jahren angestellten Untersuchungen zur religiösen Erfahrung, verfolgt Charles Taylor in Die Formen des Religiösen in der Gegenwart die Verschiebungen im Verhältnis von Religion, Individuum und Gesellschaft, von Spirituellem und Politischem bis in die Gegenwart...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.06.2002

"Die Vielfalt der religiösen Erfahrung" von William James ist ein grandioses Werk, das klassische Werk der Religionspsychologie schlechthin. Umso erfreulicher findet der Rezensent Hartmann Tyrell, dass Charles Taylor sich kritisch mit James' Werk auseinandersetzt. Doch bevor er Taylor zu Wort kommen lässt, stellt der Rezensent zunächst James' These vor. Die religiöse Erfahrung sei bei James eine subjektive, innere Erfahrung, daher inkommunikabel - eine Vorstellung, die die dogmatische Überlieferung als vermittelte Erfahrung deklassiert und die "institutionellen Religionen" verabschiedet. Ist dieser "religiöse Individualismus" eine spezifisch moderne Vision?, fragt sich der Rezensent. Zunächst stelle Taylor die "religiöse Innerlichkeit" in eine lange christliche Tradition, die vom Mittelalter bis zur Romantik reiche, um dann die Beschränkungen der Jamesschen Perspektive deutlich zu machen: Seine Einengung auf die "religiöse Innerlichkeit" schließe alles kollektive religiöse Leben als uneigentlich aus, und dem widerspreche Taylor vehement. Der schwerste Vorwurf, den Taylor gegen James vorbringt, so Tyrell, ist die Annahme der sozialen Voraussetzungslosigkeit der religiösen Erfahrung. Auch diese Erfahrung brauche ein Vokabular - und werde dadurch "artikulierbar und erinnerbar". Was James für Taylor wirklich modern macht, so Tyrell, ist sein Widerstand gegen die agnostische Intellektuellenkultur, die Vernunft mit Agnostizismus gleichsetzt, und der James ein Recht auf Glauben entgegenhält. Das Schlusskapitel allerdings, "Religion heute", in dem Taylor die Säkularisierungsproblematik und den "neuen Individualismus" anspricht, hat den Rezensenten enttäuscht. Hier gehe der Autor wenig über das hinaus, was man schon bei einschlägigen Autoren finden könne.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.01.2002

Was genau, so die Frage des - laut Auskunft des Rezensenten Uwe Justus Wenzel - "katholischen" Philosophen Charles Taylor, was genau kann es bedeuten, wenn immer wieder vom Verschwinden der Religion in unserer Gesellschaft die Rede ist. Taylor diagnostiziert in erster Linie einen zunehmenden "Individualismus", der die durch die "Bekenntnisfreiheit" gelockerte Bindung an religiöse Institutionen endgültig zersetzt. Bereits der amerikanische Philosoph William James hatte diese Diagnose gestellt und mit dem Rückzug des Religiösen aufs primär individuelle "Erleben" und aufs "Gefühl" zu erklären versucht. Hier widerspricht Taylor William James - bei aller vom Rezensenten ausgemachten "Bewunderung". "Gewisse Gefühle", so sein Argument, kann man "nicht allein haben". Wenzel scheint mit Taylor grundsätzlich einverstanden und gibt zuletzt noch eine Antwort auf die vom Philosophen zwar gestellte, aber nicht explizit beantwortete Frage danach, ob wir "in einem säkularen Zeitalter" leben. Einerseits, so Taylor mit Wenzel, ja. Was, andererseits, nicht heißen soll, dass es nicht zugleich ein "religiöses Zeitalter" sei.