Daniel Marwecki

Absolution?

Israel und die deutsche Staatsräson
Cover: Absolution?
Wallstein Verlag, Göttingen 2024
ISBN 9783835355910
Kartoniert, 212 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Ein Plädoyer für Selbstkritik und eine Einladung zur Debatte über ein so einzigartiges wie verwirrendes Verhältnis zweier Staaten. Wenn Deutsche über Israel reden, reden sie meist über sich selbst. Worum es in den hitzigen Debatten hingegen selten geht, ist die eigentliche Beziehungsgeschichte zwischen der Bundesrepublik und Israel. Reden deutsche Politiker über diese Beziehungen, so fallen Wörter wie "Wunder" oder "Versöhnung". Wörter, hinter denen eher Wunschdenken als Realität steckt.Nach der israelischen Staatsgründung von 1948 war es ausgerechnet die Bundesrepublik, die zur wichtigsten Unterstützerin des Jüdischen Staates wurde. Reparationen, Waffenlieferungen und Finanzmittel halfen, aus dem existenziell bedrohten Land eine Regionalmacht zu machen. Kein Wunder, dass Israel die ausgestreckte deutsche Hand annahm: eine andere Wahl hatte es kaum. Von Versöhnung aber war keine Rede. Niemand machte sich darüber Illusionen, dass in Deutschland ehemalige Nationalsozialisten Karriere machten - und mit der Israelhilfe ihre blutigen Hände in Unschuld wuschen. Der Preis für die Sicherheit Israels ist die frühe Absolution Deutschlands.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 16.04.2024

Eine gute, wenn auch nicht ganz vollständige Darstellung des deutsch-israelischen Verhältnisses legt Daniel Marwecki, Politikwissenschaftler und Historiker, hier vor, so Rezensent Jens Rosbach. Darin wird aufgezeigt, ist zu lesen, dass keineswegs immer schon von Staatsräson die Rede war, wenn es in der deutschen Politik um Israel ging. Vielmehr wollte Adenauer, fasst Rosbach die Darstellung zusammen, als er 1952 den Entschädigungsvertrag mit Israel abschloss, lediglich Deutschland ein Minimum an internationalem Ansehen verschaffen. Der deutsche Antisemitismus wurde durch die Unterstützung Israels zumindest gemindert, argumentiert Marwecki laut Rosbach, wobei die politische Israelsolidarität keineswegs voll gesellschaftlich verankert war und ist, was auch mit Blick auf die Gegenwart mitsamt AfD und BDS ausgeführt wird. Der Rezensent bemängelt einige Lücken, zum Beispiel was die Geheimdienstkooperation zwischen Deutschland und Israel angeht, insgesamt kann er diesen dem komplexen Thema gerecht werdenden Band jedoch empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.03.2024

Da ist Klaus Hillenbrand baff: Das mit der "Staatsräson" ist ja reine Interessenpolitik! Die Augen öffnet ihm Daniel Marweckis Buch "Absolution?", das laut dem begeisterten Rezensenten nur einen Schluss zulässt: Die Aussöhnung der Deutschen mit Israel diente "ausschließlich der Reinwaschung des eigenen Landes", außerdem aber auch wirtschaftlichen Interessen, und sie war zur Adenauer-Zeit das "Eintrittsbillett für die zivilisierte Welt". Verständlich scheint Hillenbrand auch die Darlegung Marweckis, dass die Israelis in der frühen Zeit ihres Staates vor allem rationalen Erwägungen folgten und mit den Deutschen darüber hinaus lieber nicht so viel zu tun haben wollten. Damit scheint das Buch bei Hillenbrand einigermaßen zusammengefasst. Leider fragt der Rezensent nicht, welche Schlüsse der Autor aus seinen Befunden zieht, auch lässt er offen, ob Marwecki etwa mit der antizionistischen, den Terror unterstützenden Politik der DDR vergleicht. Viele Fragen offen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2024

Die frühe Bundesrepublik hat die Versöhnung mit Israel nicht in erster Linie aus moralischen Erwägungen, sondern aus Interessenpolitik betrieben, erfährt Rezensent Florian Keisinger aus diesem Buch, das auf Englisch bereits im Jahr 2020 erschienen ist, wie er anmerkt. Eine gewisse Zeit lang war die Bundesrepublik sogar die wichtigste Stütze Israels, resümiert er die Befunde Marweckis, bis Amerika in diese Rolle eintrat. Das Interesse Adenauers lag für Keisinger auf der Hand, einerseits wollte Adenauer die Westeingliederung der Bundesrepublik sicherstellen, andererseits ging es darum, alte Nazi-Kader zu recyclen oder zu neutralisieren. Für beides war Israel Adenauer sehr nützlich, erfährt Keisinger von Marwecki. Aber wie äußerlich auch immer: Zivilisatorisch wirkte die Aussöhnungspolitik mit Israel allemal, notiert Keisinger am Schluss, der das Buch alles in allem sehr freundlich rezensiert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2024

Rezensent Alexander Haneke erfährt aus Daniel Marweckis Buch allerhand Wissenswertes über den Charakter der deutsch-israelischen Beziehungen von ihren Anfängen bis heute. Dass Adenauer-Deutschland gut verdiente an den wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel und sogar an den Akten der Wiedergutmachung, dass der Staat Israel ohne die BRD als Handelspartner kaum auf eigene Beine gelangt wäre und vieles mehr erläutert der Autor laut Haneke auf "äußerst lesenswerte" und interessante Weise.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 01.03.2024

Rezensentin Catherine Newmark erklärt in wenigen Sätzen die besondere Beziehung zwischen Israel und Deutschland als ein Austauschverhältnis, welches weniger auf den Schuldgefühlen der Deutschen, denn auf wirtschaftlichem Kalkül basiert. Damit fasst Newmark bereits die These zusammen, die der Historiker Daniel Marwecki in "Absolution? Israel und die deutsche Staatsräson" entwickelt - und zwar ziemlich einleuchtend, wie die Rezensentin findet. Dazu beschreibt der Historiker ausführlich und trotz einiger Redundanzen spannungsreich und eindrucksvoll das über die Jahre von wechselnden Tonfällen und geopolitischen Entwicklungen geprägte Verhältnis zwischen Deutschland und Israel - dabei konzentriert er sich vor allem auf die ersten Jahre diesers Verhältnisses, kurz nach dem zweiten Weltkrieg, um die Entstehung der besonderen Bindung zu erklären und deutlich zu machen, welchen Nutzen die Deutschen daraus zogen: Die "Rehabilitation des Selbstbildes und des internationalen Rufes" nämlich, so die überzeugte Rezensentin.