Dragan Velikic

Bonavia

Roman
Cover: Bonavia
Hanser Berlin, Berlin 2014
ISBN 9783446245020
Gebunden, 336 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Serbischen von Brigitte Döbert. Belgrad, um die Jahrtausendwende: Der Krieg in Jugoslawien liegt gerade so lange zurück, dass er noch auf alles seinen Schatten wirft. Alle treibt die gleiche Frage um: Bleibt man, oder ist es besser zu gehen? Marko, verhinderter Literat, besucht seinen Vater Miljan in Wien, der ihn vor Jahren in Serbien zurückgelassen hat. Marija, seine Frau, die Lebenskünstlerin, lässt sich treiben. Ihre Freundin Kristina unterhält sich mit ihrer verstorbenen Jugendliebe. Zufällig kommen die drei zum gleichen Zeitpunkt nach Wien, und diese Reise wird für alle zum schicksalhaften Wendepunkt. Velikic erzählt von einer Generation, die den Zerfall ihres Landes miterlebt hat und sich neu orientieren muss - und von der unentrinnbaren Macht der Familie ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.08.2014

Dragan Velikics Roman hat laut Jörg Plath einen entscheidenden Fehler: Er erzählt aus heutiger Sicht von der Kindheit und Jugend in Jugoslawien. Das führt dazu, dass die Gegenwart (Serbiens) schal, farblos und politisch unproblematisch bleibt, weil die Protagonisten des Buches beständig Vergangenheit wälzen. Da der Autor, wie Plath erwähnt, zu den bedeutendsten Kritikern des Milosevic-Regimes gehörte, fällt das durchaus ins Gewicht. Dramaturgisch wirkt sich das laut Plath insofern aus, als die Erfahrungen der Figuren als isolierte Teile erscheinen und die Handlung "wolkig" bleibt. Schiefe Metaphern, etwa die "Kosmogonie von Sinnmomenten", Wiederholungen und banale Alltagsbeobachtungen machen Plath auch nicht eben zum Fan des Buches.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.07.2014

Dragan Velikic erkundet in seinem Roman insbesondere auch die menschlichen Folgen nach Zusammenbruch und Auflösung Jugoslawiens, erklärt Tobias Schwartz: Allesamt haben die hier versammelten, im Ausland lebenden Charaktere am Verlust ihrer alten Heimat und infolgedessen an ihrer brüchigen Identität schwer zu tragen. "Sprunghaft, assoziativ und dabei streckenweise sehr poetisch und metaphernreich" führt der Autor durch seinen verwinkelten, sich immer weiter ins Innenleben seiner Figuren versenkenden Roman, wobei der Rezensent sich am Ende doch uneins ist, ob die damit einhergehende Desorientierung von Velikic so tatsächlich beabsichtigt war. Doch dem Buch schadet dies nicht: Dessen teils willkürlich erscheinender Fragment-Charakter ergibt schlussendlich doch ein wenigstens in seinen Konturen erahnbares Bild dessen, was das alte Jugoslawien - auch hinsichtlich seiner schlechten Seiten - einst gewesen sein mag.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.2014

Mit gemischten Gefühlen hat Rezensentin Hannah Lühmann "Bonaviva", den neuen Roman des serbischen Autors und Journalisten Dragan Velikić gelesen. Sie folgt hier verschiedenen Charakteren in Belgrad, die versuchen, sich mit den Erinnerungen an Kriege, Korruption und Stillstand in ihrer Heimat, ein neues Leben aufzubauen, während die meisten Alten in dem Roman an Demenz erkranken. Trotz einiger schöner, großer und wahrhaftiger Sätze muss die Kritikerin gestehen, dass ihr das Buch häufig zu plakativ und klischeebeladen erscheint, was ihrer Meinung nicht zuletzt an Velikićs Drang liegt, seine Gedanken stets zu deuten. Darüber hinaus hat Lühmann das Gefühl, der Autor führe in den Dialogen der Figuren vielmehr einen inneren theoretischen Monolog über die vielfältigen Grausamkeiten des Krieges.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.03.2014

Ralph Hammerthaler meint eine vorsichtige Neugier für die Literatur des Balkans zu erspüren. War sie auch bisher nur bei vereinzelten mutigen Verlegern zu finden, Romane wie "Bonavia" von Dragan Velikić machen definitiv Lust auf mehr, freut sich der Rezensent. In einem "sirrenden Ton" werden hier Geschichten über Krieg und Flucht erzählt, und über den schmerzhaften, zornigen Blick zurück in das heimatliche Serbien, wo das "Schachern um die Kriegsverbrechen" seinen Lauf nimmt. Die verschiedenen Personen, die in Velikićs Buch auftauchen, eint nur dieser Blick zurück - und Wien, "alle Wege führen nach Wien", scheint es Hammerthaler. Das mag mit Velikićs eigenem Hintergrund zu tun haben, vermutet der Rezensent, der ist nämlich sechs Jahre lang Botschafter in Österreich gewesen und es lassen sich auch weitere autobiografische Spuren im Buch finden. Die einzige, kleine Kritik, die Hammerthaler übt: Velikić bedient sich für seinen Geschmack ein wenig zu oft "im abgestandenen Haushalt der Theatermetaphern".
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