Duncan Shiels

Die Brüder Rajk

Ein europäisches Familiendrama
Cover: Die Brüder Rajk
Zsolnay Verlag, Wien 2008
ISBN 9783552054349
Gebunden, 351 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Binder. Als der Henker am 15. Oktober 1949 Laszlo Rajk die Schlinge um den Hals legte, endete ein Bruderdrama, in dem sich auf schicksalhafte Weise die Verwerfungen und Kämpfe des 20. Jahrhunderts spiegeln. Laszlo hatte aus Weltkrieg und Wirtschaftskrise ganz andere Konsequenzen gezogen als sein zehn Jahre älterer Bruder Endre: Er wurde Kommunist, war Innen- und Außenminister in Ungarn, wurde schließlich in einem Schauprozess wegen "Titoismus" hingerichtet. Endre hingegen schloss sich den ungarischen Faschisten, den Pfeilkreuzlern, an und beschloss seine Tage im Exil. Die Brüder waren erbitterte politische Gegner - doch einmal in ihrem Leben stellte jeder von ihnen Familiensinn über Ideologie und rettete dem anderen das Leben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.08.2008

Sehr empfehlen kann Kathrin Lauer dieses Buch des britischen Journalisten Duncan Shiels, das von den dramatischen Biografien der Brüder Rajk erzählt. In "einem Zeitgemälde des vergangenen Jahrhunderts" stehen sich Laszlo, blitzgescheiter kommunistischer Untergrundkämpfer und Endre, strebsamer Nazi aus Überzeugung gegenüber. Gefesselt ist Lauer von diesem ungewöhnlichen Bericht, der sich ihrer Ansicht nach wie ein Krimi liest. Erleichtert stellt sie fest, dass der Autor auf geschichtspsychologische Spekulationen verzichtet. Dennoch gerate der Leser zwangsläufig ins Grübeln über die Frage, ob Faschismus und Kommunismus nicht zwei Seiten einer Medaille seien. Trotz vorbildlicher Recherche, sei Shiels allerdings einer Legende in Bezug auf Laszlos unter Folter erpresstes Geständnis aufgesessen, die in der deutschen Fassung unglücklicherweise nicht korrigiert wurde, bemerkt Lauer. Ihrer Begeisterung für den Stoff und die Leistung des Autors, der kurz nach Fertigstellung des Manuskripts verstorben ist, tut dies aber keinen Abbruch.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.06.2008

Mit großem Interesse hat Andreas Oplatka dieses Buch gelesen, in dem der britische Journalist und langjährige Ungarn-Korrespondent Duncan Shiels die Geschichte dieses bemerkenswerten Bruderpaars erzählt: Laszlo Rajk war Kommunist, Kämpfer im Spanischen Bürgerkrieg und nach 1945 Minister der kommunistischen Regierung in Ungarn. Nach einem Schauprozess wurde er von den eigenen Genossen 1949 hingerichtet. Sein Bruder Endre Rajk stand auf der anderen Seite der faschistischen Pfeilkreuzler, die als Hitlers Marionetten regierten. Offenbar haben sich die beiden Brüder trotzdem nahe gestanden und sich für einander verbürgt, wenn die Freunde des einen dem anderen an den Kragen wollten. Oplatka äußert sich sehr lobend über Shiels' klare, unprätentiöse Erzählweise und zeigt sich sehr erleichtert, dass der Autor auf jegliche Herablassung verzichtet, die Oplatka so häufig aus westlichen Ungarn-Darstellungen herausklingen hört. Kritik übt er jedoch an der zu positiven Darstellung Laszlo Rajks, der immerhin als Funktionär von Moskaus Gnaden zu den Totengräbern der ungarischen Demokratie gezählt werden müsse.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2008

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Andreas Platthaus von Duncan Shiels Buch über die Familie Rajk, in deren Geschichte sich das an Umbrüchen reiche letzte Jahrhundert Ungarns widerspiegelt. Zwar scheint ihm der Untertitel "Ein europäisches Familiendrama" irreführend, weil es sich tatsächlich um eine rein ungarische Geschichte handelt. Aber das hat seine Freude an dem Buch nicht gemindert. Den 2006 verstorbenen Autor, der lange englischer Korrespondent in Budapest war, schätzt er als "einen der besten westlichen Kenner" des Landes. Der Zugang zum Thema über die Familiengeschichte scheint ihm bestens gelungen. Shiels habe Zeitzeugen und Mitglieder der Familie Rajk befragt, wie etwa Laszlo Rajk junior, Sohn von einstigen ungarischen Innenministers Laszlo Rajk, der nach einem Schauprozess 1949 hingerichtet wurde. Er lobt die lebendige Darstellung und den ausgezeichneten Erzählstil. Der Kern des Buchs ist für ihn die Beziehung der beiden Brüder Laszlo und Endre, die politisch erbitterte Gegner waren und sich trotzdem persönlich nahe standen. Platthaus bedauert nur, dass sich Shiels für die Darstellung der Ereignisse von 1956 nicht auf die Erinnerungen der Familienmitglieder verlässt, sondern das Tagebuch eines anonymen Studenten mit heranzieht.
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