Emma Braslavsky

Aus dem Sinn

Roman
Cover: Aus dem Sinn
Claassen Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783546004190
Gebunden, 362 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Eduard, der Mathematiker und Zeitpedant, liebt Anna, die Sängerin. Und zum Glück liebt Anna auch Eduard. Es geschah einfach so, eines Tages in einer Erfurter Konsum-Filiale, der Anna als Leiterin vorsteht. Den lieben langen Tag singt sie in ihrem Filialleiterbüro und hat mit ihrer Stimme nicht nur Eduard sirenengleich angelockt. Paul Händl, Eduards Freund aus Kindertagen, geht es hingegen nicht um die Kunst, sondern um die verlorene Heimat, ums Egerland, aus dem sie alle nach Kriegsende vertrieben wurden: Eduard und seine Mutter Ella, Paul und sein wetterwendischer Vater, die Regalsteher im Braumann'schen Laden und Exgeheimrat Emil Gumpl. Hier in Erfurt ringen sie seither mit ihren Erinnerungen wie die Dämmerung mit der Nacht. 1969, am Tag des Eishockeyspiels UdSSR gegen CðSSR, bricht Paul zu einer Kundgebung für die Rechte der Sudetendeutschen nach Prag auf. Auch Eduard landet, ganz gegen seine Absicht, zur selben Zeit in der tschechoslowakischen Hauptstadt, und von da an lungert einmal nicht die Erinnerung in ihren Köpfen herum, sondern schlägt die sozialistische Gegenwart zu. Bis Eduard sein Gedächtnis verliert, die Erfurter Domuhr explodiert und ein Stück deutsche Geschichte vor dem Vergessen bewahrt wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.07.2007

Einen Vertriebenen-, genauer gesagt einen Umsiedler-Roman dieser Art hat es noch nicht gegeben, stellt die Rezensentin Gisa Funck erst einmal fest. Von der sonst üblichen Düsternis von Flucht und Vertreibung scheint in dieser Geschichte wenig zu spüren zu sein - obwohl sie mit dem Gedächtnisverlust des Helden Eduard Meißerl beginnt. In Rückblenden wird sein Schicksal erzählt, das Leben in Erfurt nach der Vertreibung aus dem Sudetenland, an dem er freilich wenig hängt, auch die Liebe zur aus Schlesien vertriebenen Supermarktleiterin Anna. All dies schildert Emma Braslavsky in "skurrilen" Episoden, schon zu Beginn fühlt sich Funck an eine Don-Camillo-Geschichte erinnert. Für ein grundsätzliches Problem hält sie das nicht, nur scheinen ihr die dann doch existierenden ernsteren Episoden in der allgemeinen Heiterkeit ein wenig unterzugehen. Entsprechend fällt das Urteil insgesamt nur verhalten positiv aus: Dieser Roman sei "zweifellos originell, aber nicht rundum gelungen".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.05.2007

Ein solch "nostalgiewilliges" Debüt hat Markus Clauer nach eigener Auskunft selten gelesen. Die 1971 geborene Emma Braslvsky hat mit ihrem Roman "Aus dem Sinn" sozusagen ein "Grass-Kempowski-Enkelinnen-Buch" vorgelegt. Erzählt wird die Geschichte einer sudetendeutschen Flüchtlingsfamilie in der DDR. Aus den alten Nazis sind offenbar neue kommunistische Funktionäre geworden, die Erfurter Kirchuhr fliegt in die Luft und irgendetwas hat damit Eduard zu tun, die unter Amnesie leidende Hauptfigur. Viel Talent entdeckt Rezensent Clauer bei der Autorin, bisweilen lobt er das Buch als "heiter und tragikomisch" zugleich. Doch schließlich kommt es ihm zu "betulich-versonnen" daher, und ihm fehlt die Distanz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.04.2007

Jörg Sundermeyer räumt ein, dass Emma Braslavsky über erzählerisches Talent verfügt. Flüssig schreibt sie, manchmal gar spannend. Und doch hat ihn dieser Roman vor allem geärgert. Ihm ist die Geschichte - es geht um die Irrungen und Wirrungen sudetendeutscher Flüchtlinge, die nach Nazi-Regime und Vertreibung nun dem DDR-Regime trotzen müssen, viel zu überfrachtet. Braslavsky lässt es knallen und krachen, fährt eine ganze Parade guter Opfer (alle Sudetendeutsche haben auch mindestens einen Juden versteckt) und böser Täter auf (Tschechen, Russen DDR-Beamte, Nazis). Nein, nein, das ist dem Rezensenten nicht geheuer und für gute Literatur steckt nach seinem Geschmack einfach zu viel politische Moral drin.
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