Francis Fukuyama

Der große Aufbruch

Wie unsere Gesellschaft eine neue Ordnung erfindet
Cover: Der große Aufbruch
Zsolnay Verlag, Wien 2000
ISBN 9783552049574
Gebunden, 464 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ursel Schäfer und Karlheinz Dürr. Fukuyama widerspricht ganz entschieden dem allgemeinen Pessimismus, der sich angesichts wachsender Staatsverdrossenheit, steigender Kriminalität und zunehmender sozialer Kälte überall breitmacht. Er sieht darin lediglich die Symptome des Übergangs in die Epoche der Informationsgesellschaft. Sobald sich die digitale Revolution tatsächlich durchgesetzt hat, wird sich die Gesellschaft wieder stabilisieren. Die neuen Arbeitsstile der Informationsgesellschaft nämlich fördern gerade soziales und solidarisches Verhalten, weil sie dem einzelnen größere Selbständigkeit und Verantwortung zutrauen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.07.2000

Nach Hans Bernhard Schmids Ansicht trifft der Titel der deutschen Übersetzung nicht genau den Kern der Sache, da es Fukuyama nicht darum gehe, den Eigenanteil der Bevölkerung an dem Prozess einer Wiederbelebung von sozialer Gemeinschaft aufzuzeigen. Zwar setze der Autor durchaus an der Frage ein, wie und ob sich "die fortschreitende Vernichtung von Sozialkapital" fortsetzen wird. Jedoch glaube er mit großem Optimismus "an das selbstläufige Wiedererstarken der gesellschaftlichen Ordnung", bei der die Kreativität und das eigene Mitgestalten der Bevölkerung eine eher sekundäre Rolle spielt. So ist Fukuyamas Buch, wie Schmid anmerkt, nicht als Appell an die Individuen gedacht, sich stärker in Gemeinschaften zu engagieren. Gleichzeitig distanziere sich der Autor jedoch ebenso vom Kommunitarismus. Unbeantwortet bleibt für Schmid nach der Lektüre vor allem die Frage, wieso es überhaupt "zum Rumoren in den gesellschaftlichen Tiefen" kommen könne, wenn doch - wie Fukuyama behauptet - "die Gesellschaft ihre Ordnungsprobleme so gut zu lösen vermag".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.03.2000

Warnfried Dettling hat Fukuyamas Buch auf einer ganzen Seite verrissen. Streckenweise drängt sich ihm der Eindruck eines riesigen "Zettelkastens" auf, der zwar viele Einzelheiten, jedoch kaum Einsichten vermittele. Er äußert den Verdacht, der ausladende Fußnotenapparat diene dazu, die theoretischen und empirischen Mängel des Werks zu verschleiern. An der Ansicht des Autors vom Verfall aller Ordnungen und Werte kann er genauso wenig Neues entdecken wie er seiner Prognose einer heraufziehenden Ära des Neubeginns Glauben schenken kann. Besonders scharf kritisiert er Fukuyamas Analyse der Familie, deren Verfall er mit der Verbreitung der Pille begründet sieht. "Schlicht" nennt Dettling diese These, und hält dagegen, dass es nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, also bevor es die Pille gab, bereits zu einer dramatischen Verkleinerung der durchschnittlichen Familiengröße gekommen sei. Seine Rezension beschließt Dettling mit einem schweren Vorwurf: "Autoren wie Francis Fukuyama und Politiker, die seinen Einflüsterungen erliegen, leisten gegen ihre eigene Absicht aktive Beihilfe zum Verschwinden der Familien aus modernen Gesellschaften".

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