Franz Xaver Kroetz, Marie Theres Relin

Szenen keiner Ehe

Cover: Szenen keiner Ehe
dtv, München 2023
ISBN 9783423283748
Gebunden, 320 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Es ist der Wunsch von Franz Xaver Kroetz, noch einmal mit seiner Ex-Frau Marie Theres Relin einige Wochen auf Teneriffa zu verbringen, wo sie lange zusammen gelebt haben. Relin willigt ein. Und sie vereinbaren, dass beide getrennt aufschreiben, was ihnen in diesen zwei Monaten durch den Kopf geht. Vernarbte Wunden beginnen wieder zu jucken, alte Zuneigung erwacht. Sie kämpft mit Rückschlägen als Schauspielerin und hat Existenzsorgen, er plagt sich mit dem Alter und als Dramatiker, schafft es aber, eine grandiose Figur zu entwickeln: "ich".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2023

Rezensent Bernd Noack ist gerührt von diesem "überraschenden" Buch, das der Dramatiker Franz Xaver Kroetz und seine längst geschiedene Frau, die Schauspielerin und Frauenrechtlerin Marie Theres Relin auf Teneriffa geschrieben haben. Nicht gemeinsam, versichert Noack. Vielmehr machte jeder der beiden seine Aufzeichnungen und dann schickten beide ihre Texte an den Verlag, der sie zusammenfügte. Dass Relin erstmals über den Missbrauch ihres Onkels Maximilian Schell schreibt, war sicher ehrlich und wichtig, aber der Kritiker bedauert es doch ein wenig, weil der Skandal den literarischen Wert des Buchs, den es in seinen Augen durchaus hat, "überschattet". Diese Szenen keiner Ehe sind nämlich "melancholisch, keifend, witzig" und bei aller Bosheit von so viel "unerklärlicher Zuneigung" geprägt, dass sie Noack immer noch wie alte Eheleute vorkommen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.10.2023

Der Dramatiker Franz Xaver Kroetz und die Schauspielerin Marie Theres Relin waren mal "das Glamourpaar des deutschen Kulturlebens", hält Rezensent Volker Weidermann fest, von diesem Ruhm sei bei den längst Geschiedenen, die jetzt hier eine Art gemeinsame Autobiografie vorlegen, aber nicht mehr viel übrig. Die beiden fahren mit einem kaum noch fahrtüchtigen Mercedes von Teneriffa nach München und schreiben ihre ungeschönten, durchaus dramatischen Gedanken auf, wie Weidermann festhält. Im Zentrum des Buches stehen für Weidermann allerdings die Missbrauchsvorwürfe, die Relin erstmals gegen ihren weltberühmten Onkel Maximilian Schell erhebt - damit gehen auch Selbstvorwürfe einher, lange, zu lange darüber geschwiegen zu haben. Weidermann, der schon die abfällige Beschreibung des alternden Körpers Relins durch Kroetz abstoßend fand,  wundert sich, dass diese Vorwürfe in einem großen SZ-Interview nicht zur Sprache kamen und hakt bei den beiden nach; die ablehnende Antwort von Kroetz lässt ihn darauf spekulieren, dass dieser die Aufmerksamkeit für das Buch lieber nicht mit seiner Ex-Frau teilen wollte, der Weidermann dafür das letzte Wort gibt: "Kein Wunder, dass mir nachts die Luft wegbleibt. Killing me softly with his words."