Friederike Kretzen

Schule der Indienfahrer

Cover: Schule der Indienfahrer
Stroemfeld Verlag, Frankfurt/Main und Basel 2017
ISBN 9783866002722
Gebunden, 263 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Ein Abend mit Engeln im Wald von Krofdorf, irgendwann in den siebziger Jahren, es schneit, ein Film wird gedreht. So beginnt das Buch, das eine Schule ist. Wer in sie eintritt, um den ist es geschehen. Denn die Schule der Indienfahrer ist wie das Leben - verwirrend, ungewiss und bis zuletzt gefährlich. Indien spielt dabei die Rolle des Monds, jenem trügerischen Verdoppler der Liebe und Sehnsucht. In seinem Licht mischen sich Zeiten, Lieder, Erinnerungen, werden Tänze fortgesetzt, tote Tiere leben auf, die Sterbenden sind da, wollen noch ein bisschen bleiben, die Leichtsinnigen folgen ihren Liedern und so fort. Wunderbar, sich in diesem Wirbel der Zeiten, der Geschichten, der Träume und Täuschungen auf ein Stück Himmelfahrt Richtung Osten mitnehmen zu lassen. So bunt, so grausam, so schön, so entsetzlich. Und immer wieder die Kinder, die von einst, die von heute, die einem ans Herz gehen. In 27 Lektionen begleiten wir die turbulente Lehre von Véronique und Kamal, der alles filmt, von Abdul, der mit den Freaks spricht, von Natascha, der Hüterin der Feen, von Camille, die gerne ein Vampir gewesen wäre und Helmudo, dem Ariel der Gruppe, dem irgendwann im Leben das Zaubern vergangen ist. Sie suchen ihre in Indien verschwundenen Freunde Alexander und Günther, mit denen sie in Giessen in der kleinsten Bäckerei der Welt das wilde Denken übten. So lange ist das her. Nun sind Filme aufgetaucht, verschollen geglaubte von Alexander, die in der Schweizer Botschaft in Delhi gezeigt werden sollen. Sofort ist klar, da müssen sie hin. Eine weite Reise. Sie führt durch Gegenden, in denen das Heimweh wohnt mit all seinen Gespenstern, den alten Wächtern der Geschichte. Und was wie eine Reise aussieht, ist die Zeit. In der sie noch immer vom Leben zu lernen versuchen, von sich, von dem, was war und das nicht aufgehört hat, zu ihnen zu sprechen. Was sie finden, ist die Sehnsucht. Ihr folgen sie mit dem Gefühl von einem ungeheuren Fehlen. Die Schule der Indienfahrer ist eine Erfindung ihrer Schüler, damit es sie eines Tages gegeben haben wird.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.08.2017

Einem Genre kann Rezensentin Christina Viragh Friederike Kretzens "Schule der Indienfahrer" nicht zuordnen: So "schwankend" wie die Textform erscheint ihr auch die Handlung dieses in 27 Lektionen aufgeteilten Buches, was für die Kritikerin aber nichts Schlechtes bedeutet. Im Gegenteil: Gern lässt sich Viragh von Kretzens vier bereits aus anderen Büchern bekannten Helden auf eine Reise nach Indien mitnehmen, wobei Indien hier durchaus auch mal in Giessen oder Zürich liegen kann, wie die Rezensentin berichtet. Vor allem aber lässt sich Viragh vom "poetischen Sprachzauber", dem Witz und den rätselhaft vertrauten Gedanken der Autorin in den Bann ziehen, lernt die "Inkoheränz" des Erlebten zu akzeptieren und zu ordnen und staunt über Kretzens Vermögen, so lebendig und detailreich zu erzählen, dass sie Indien selbst vor Augen hat.