Holger Afflerbach

Das entfesselte Meer

Die Geschichte des Atlantik
Cover: Das entfesselte Meer
Malik Verlag, München 2002
ISBN 9783890292236
Gebunden, 358 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Jahrtausendelang war der Atlantik für die Menschen an seinen Ufern das Ende der Welt. Ein mythischer Ort, bevölkert von Ungeheuern und Göttern, schien er den Menschen für alle Zeit versperrt. Aber seit dem Zeitalter der Entdeckungen wurde der Atlantik zu einer Bühne, auf der Weltgeschichte spielt. Holger Afflerbach schildert die atemberaubenden Entdeckungsfahrten, erzählt von Abenteurern und Piraten, von Seekriegen und Schatzsuchen, von Auswanderern und Ozeanriesen. Und er macht deutlich, wie der Atlantik sich von einer Grenze zum Transitmeer entwickelt, durch das die Welt zusammenwächst.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.06.2002

Das Buch stellt Jürgen Kramer in die Tradition kulturgeschichtlicher Untersuchungen zur Entdeckung der Küste wie diejenigen von Alain Corbin oder Gideon Boskers. In 10 Kapiteln versucht der Autor, die Entwicklung von der europäisch-mediterranen zur Weltkultur zu beschreiben, und schildert "eingängig", wer den Atlantik zu welchen Zweck befahren hat und wohin, wie die Schiffe gebaut wurden, wie die Seeleute arbeiteten und wie sich das Bild vom Meer wandelte. Ausgehend von der Antike über die Wikingerzeit, konzentriert er sich dabei auf das Zeitalter der Entdeckungen und verdeutlicht, so Kramer, "wie zum einen europäische Machtpolitik zur Weltpolitik wurde und zum andern der atlantische Dreieckshandel das europäische Alltagsleben beeinflusste". Obgleich die sozial- und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge etwas zu kurz kommen (der Rezensent rät zu du Jourdins "Europa und das Meer" als Ergänzung), empfiehlt Kramer den Band ausdrücklich.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.04.2002

Ungeheuer und Piraten assoziierte Rezensent Ulrich Baer mit diesem Titel, und las eine aus klassischen Texten "zur Kartographie, zur Seefahrt und zum Entdeckertum" zusammen gefügte Politik- und Sozialgeschichte, die flüssig die Entwicklung der europäischen Vorstellungen vom Atlantik als Grenze der Welt bis zum mühelos bewältigten "Transitmeer" der Gegenwart schildert. Baer hält die europäische Perspektive bei diesem Thema für problematisch, da sie in eine starre "eurozentrische Weltanschauung" münde, die spätestens seit Kolumbus nicht mehr haltbar sei. Zudem stützt sich der Autor bei seiner raschen Abhandlung des Sklavenhandels, laut Baer, auf "erzkonservative Autoren", die von einem "moralischen Desaster" für die Händler sprechen und das Leid der Verschleppten ignorieren, um dann zu behaupten, Afrika hätte von der Sklaverei profitiert. Die Kapitel über die Passagierschifffahrt als Ausdruck eines romantisierenden Verhältnisses zum Meer empfand der Rezensent "bieder und eng". Vermisst hat er die Erwähnung der Walfangindustrie und der Landung der US-Streitkräfte in Europa im Jahre 1944, vor allem aber die "Flaschenpost der Gekenterten, Vergessenen und Verschleppten", die selbst ein "Badewannenkapitän" hätte finden können.
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