Inger-Maria Mahlke

Unsereins

Roman
Cover: Unsereins
Rowohlt Verlag, Hamburg 2023
ISBN 9783498001810
Gebunden, 496 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Eine Lübecker Familie, protestantisch, konservativ, kaisertreu: die Lindhorsts. 1890 kommt Marthe in dem weitläufigen Patrizierhaus in der Königstraße zur Welt. Um sie eine Schar älterer Brüder, deren Freiheiten nicht ihre sein werden. Und doch ist es ein Leben mit glänzenden Aussichten. Bis ein Bestsellerroman, verfasst vom Sohn eines verstorbenen Bekannten, den respektablen Lindhorsts klarmacht, dass sie für ihr Umfeld auch nach zwei Generationen noch immer "die Jüdischen" sind. Unsereins ist der Roman einer Stadt und ihrer Gesellschaft, ihrer Bürger und Lohndiener, der Handwerker und, vor allem, ihrer Frauen. Ob Dienstmädchen, Hausfrau, Weißnäherin oder Schriftstellerin, ob manisch-depressiv wie Marthes Mutter, durchlässig wie Marthe selbst, die mit eigenen und fremden Erwartungen ringt. Inger-Maria Mahlke erzählt von Identität und Zugehörigkeit, von Geschlecht und Klasse, von Macht- und Liebesverhältnissen - von allem, was nicht nur Lübeck, den vormals "kleinsten Staat des Deutschen Reichs", formte und zusammenhielt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.01.2024

Hellauf begeistert ist Rezensent Paul Jandl von Inger-Maria Mahlkes "Gegengeschichte zu Thomas Manns Schlüsselroman": Sie beleuchtet darin das Leben des Dienstpersonals der Buddenbrooks, wobei die Verweise auf Mann nur einen Teil des Spaßes ausmachen, den er bei der Lektüre hat, versichert er. Gerne liest Jandl von der Familie Lindhorst, die von den "weltgeschichtlichen Zentrifugalkräften" zwischen 1890 und 1906 zwar erfasst wird, doch der Fokus liegt auf dem privaten Zusammenleben, das von Syphillis bis beruflichem Misserfolg immer wieder untergraben wird. Besonderer Gewinn liegt für ihn auch darin, dass die Autorin vor dem Urbild Buddenbrooks trotzdem ihre eigene Sprache und Geschichte findet, resümiert er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.12.2023

Mehr als nur gerecht wird Inger-Maria Mahlkes Roman seinem offensichtlichen Vorbildswerk, Thomas Manns "Buddenbrooks", freut sich Rezensentin Judith von Sternburg. Anders als Mann blickt Mahlke, führt von Sternburg aus, nicht von oben auf ihre Version der Lübecker Bürgersfamilie - hier mit Namen Lindhorst - herab, sondern nähert sich ihr aufmerksam und ohne Vorurteil. Das Buch spielt Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts und entwirft eine Skizze der Lübecker Gesellschaft, die, so die Rezensentin, einerseits viel Zeitkolorit enthält, andererseits aber auch mithilfe der Sprache der Gegenwart entworfen ist. Viele Personen werden eingeführt und manche schnell wieder fallengelassen, beschreibt von Sternburg, Politik und soziale Differenzen sind präsent, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Das gilt auch für das Thema Antisemitismus - Teile der Familie Lindhorst sind jüdisch - das sich laut Rezensentin eher von der Seite ins Buch schleicht. Ein lebensnah anmutendes und doch perfekt durchgestaltetes Buch, so das enthusiastische Fazit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.12.2023

Rezensentin Kristina Maidt-Zinke schwelgt im Epochenbild und Gesellschaftspanorama, das Inger-Maria Mahlke in ihrem neuen Roman zeichnet. Lübeck zur Zeit, als Thomas Mann in der Hansestadt Gymnasiast war, porträtiert die Autorin samt allerhand Haupt- und Nebenfiguren rund um die Senatoren-Familie Lindhorst laut Rezensentin so farbig, augenzwinkernd und originell, dass die etwas ranschmeißerische Nähe zu den "Buddenbrooks" der Rezensentin durchaus verzeihlich und eine Verfilmung nur eine Frage der Zeit zu sein scheint.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.11.2023

Romane, die sich mit Thomas Mann und seinem Werk auseinandersetzen und trotzdem eine ganz eigene Geschichte schreiben, haben Konjunktur, stellt Rezensentin Sandra Kegel fest: So widmet sich Inger-Maria Mahlke dem vergessenen oder vernachlässigten Personal der "Buddenbrooks", allen voran der jüdischen Kaufmannsfamilie Lindhorst, deren in Lübeck verankerte Geschichte zwischen 1890 und 1906 die Autorin erzählt. Immer wieder nimmt sie dabei Bezug auf Manns Roman, entfaltet aber ein eigenes "detailliertes Panorama" rund um die Klassenunterschiede zwischen Senatoren und Bediensteten, das in einer Art erzählerischen Zoom-Verfahren , wie Kegel schließt, "zum Naherlebnis wird."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.11.2023

Ein "Update" der "Buddenbrooks" liest Kritiker Kai Sina bei Inger-Maria Mahlke, die sich in ihrem Roman dem Personal widmet, das bei Thomas Mann nur am Rande Eingang findet, Frauen, Juden und Arbeitern. Dass Mahlke diese neue Perspektive auf das Lübeck des ausgehenden 19. Jahrhunderts nicht konsequent in Abgrenzung zu Mann formuliert, irritiert Sina, für ihn bleibt der Roman so etwas konturlos, wozu auch die Fülle an Figuren beiträgt, die zwar in die Breite, aber nicht in die Tiefe geht. Auf der Handlungs- und Politisierungsebene nicht so recht ausgereift, urteilt der Rezensent, aber atmosphärisch liebevoll ausgestattet.