Jacques Le Goff

Auf der Suche nach dem Mittelalter

Ein Gespräch
Cover: Auf der Suche nach dem Mittelalter
C.H. Beck Verlag, München 2004
ISBN 9783406522109
Kartoniert, 192 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

In den Gesprächen, die Jacques Le Goff mit Jean-Maurice de Montremy im Jahr 2002 führte, entstand eine spannende Synthese seiner Arbeiten: Le Goff räumt mit den Legenden vom "finsteren" Mittelalter auf und erweckt statt dessen eine reiche Zivilisation zum Leben, die von der christlichen Kirche geprägt wurde. Er zeigt, wie innovationsfähig eine Kultur war, die sich eigentlich allem Neuen verweigerte, und legt schließlich überzeugend dar, daß das zukünftige Europa nur Gestalt annehmen kann, wenn es seine Vergangenheit nicht vergisst.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.12.2004

Beeindruckt zeigt sich Michael Borgolte von Jacques Le Goffs Buch "Auf der Suche nach dem Mittelalter", in dem der französischen Mediävist im Gespräch mit Jean-Maurice de Montremy Auskunft über sich und sein Lebenswerk gibt. Wirklich autobiografische Züge weise das Buch aber nur auf, wo Le Goff seinen Weg zur Mediävistik beschreibt. Im Wesentlichen sieht Borgolte das Buch als Resümee von Le Goffs Lebenswerk - von den "Kaufleuten und Bankiers" beziehungsweise den "Intellektuellen im Mittelalter" angefangen (1956/57) bis hin zu seiner großen "Antibiografie" über den heiligen Ludwig von 1996. Dabei bemühe sich der Mediävist stets mehrere Zeitebenen, Vergangenheit und Gegenwart, in Beziehung zu setzen, wobei er "auffällig häufig" auf moderne Kunst und Medien, vor allem den Film, die schöne Literatur, die Malerei oder auch die Musik von Richard Wagner bis zum zeitgenössischen Schlager beziehe. Borgolte hebt hervor, dass Le Goff auch die Grenzen der okzidentalen europäischen Kultur aufzeigt, vor allem gegenüber Byzanz und dem Islam, und das "behutsamer" als in seinem Essay über "Die Geburt Europas im Mittelalter". Nicht zuletzt würdige Le Goff die Beiträge der anderen großen Wissenschaftsnationen zur Erforschung der europäischen Geschichte Gerechtigkeit. "Deprimierend" findet Borgolte in diesen Zusammenhang nur, dass sich Le Goffs Bewunderung für die deutsche Wissenschaft und Mediävistik auf frühere Epochen beschränkt. Dessen recht ungünstiges Urteil über den Kunst- und Kulturhistoriker Jacob Burckhardt ("Eine Katastrophe"!), der mit seinem Renaissance-Begriff das Mittelalter apodiktisch von der neuen Zeit getrennt und abgewertet habe, erscheint Borgolte indes ein wenig "einseitig und übertrieben".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2004

Vielleicht ist es Jacques Le Goffs unerschöpfliches Interesse am Menschen, das ihn zu einem "Granden" der europäischen Mediävistik gemacht hat, überlegt Rezensent Christian Jostmann. Wie auch ein gewisses Charisma, wie der nun auf Deutsch erschienene Interviewband "Auf der Suche nach dem Mittelalter" belegt. Allerdings: Was der Untertitel als "Gespräch" ankündige, seien vielmehr Fragen des Journalisten Jean-Maurice de Montremy, die Le Goff zu "peripathetischen Monologen" anregen. Darin lenke Le Goff den Leser "mit der Zärtlichkeit eines Fremdenführers" durch die verwinkelten Gassen und zu den "Denkmälern" einer Zeit, die LeGoff nun schon so gut kenne, dass sie zu "seinem" Mittelalter geworden sei. In dieser sehr subjektiven Sicht, wie Jostmann betont, nehme das "von christlichem Glauben, von Hoffnung und Liebe durchdrungene" 13. Jahrhundert den "zentralen Platz" ein, auch weil in dieser Zeit - und nicht erst mit Petrarca - der europäische Humanismus begründet liege. Zwei Adressaten kann sich der Rezensenten für dieses Buch vorstellen: den "verehrenden Kenner", der die eingeflochtenen historiografischen Details "goutieren" wird, und den "weniger Versierten", dem der Band als - wenn auch recht subjektive - Einführung in die Geschichte des Mittelalters empfohlen sei.
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