John Banville

Sonnenfinsternis

Roman
Cover: Sonnenfinsternis
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2002
ISBN 9783462031355
Gebunden, 302 Seiten, 21,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Christa Schuenke. In einem assoziationsreichen Monolog spricht der einst große Schauspieler Alexander Cleave von sich, seinen Rollen auf der Bühne und im Leben, von den Schatten, die ihn heimsuchen und seine Welt verdunkeln wie der Mond die Sonne bei der Sonnenfinsternis. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere, mit 50 Jahren, verlässt Alexander Cleave mitten in einem Monolog für immer die Bühne. Und nicht nur die Bühne, auch die Rollen im Leben, in denen er als Ehemann und Vater gescheitert ist. Er zieht sich in sein Elternhaus zurück und versinkt in der Vergangenheit, auf der Suche nach sich selbst und seinen Versäumnissen. Wie Gespenster tauchen seine Eltern auf, Cass, seine hochbegabte, psychisch kranke Tochter. Er fühlt sich von Phantomen umzingelt. Aber auch die Wirklichkeit lässt ihn nicht los ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.05.2003

Es gebe nur wenige Autoren, so Rezensent Uwe Pralle bewundernd, die wie John Banville "nur mit einer Handvoll von Figuren und Motiven eine so dichte und poetisch schwingende Atmosphäre erzeugen können". Noch dazu mit einem so kleinherzigen Erzähler wie dem Schauspieler Alexander Cleave, der, so Pralle, ein "Stratege der Gefühle" ist, aber nicht wirklich fühlt - und wie er das im Rückblick auf sein bisheriges Leben nach und nach realisiert, ohne sich aber ändern zu können, davon handele dieser Roman. Selbst die Reue, meint der Rezensent, werde im Monolog des zur Empathie unfähigen Cleave zur Selbstrechtfertigung - die Schauspielerei verlangte Opfer. Banvilles glanzvolle Sprache vollziehe so auch eine "kühle Autopsie" von Karrierebewusstsein. Den Erzähler werden also die Phantome, die ihn zur Rede stellen, nicht aus seiner menschlichen Armut erlösen, glaubt Pralle. Aber mit diesem Mangel hat er es zum Vehikel von Banvilles Meisterwerk gebracht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.01.2003

An Beckett fühlt sich Friedhelm Rathjen erinnert und nennt hier im wesentlichen die Grundkonstellation des im Hause seiner Mutter wohnenden Ich-Erzählers, die ihn an Becketts Roman "Molloy" erinnert. Rathjen liest Banvilles Buch als den letzten Monolog eines berühmten Schauspielers, der mitten in einer Szene abtrat - um eben diese Ich-Erzählung zu schreiben. Fasziniert skizziert Rathjen die Konstruktion des Romans mit ihren "Doppelungs- und Spiegeleffekten" und mit einer komplizierten, nicht einfach linearen Zeitfolge, die Zukunft und Vergangenheit des Ich-Erzählers übereinander blendet. Dabei bewundert Rathjen auch die Prosa Banvilles in ihrer "abweisenden Strenge". Auch Argumente gegen Banville-Kritiker hat Rathjen am Ende parat: Seine Erzählung habe nur wenige Elemente, gewiss, und sie erinnert offensichtlich nicht nur an Beckett, sondern auch an frühere Romane des Autors selbst. Aber als Bewunderer wendet Rathjen ein, "dass John Banville mit wenigen Einfällen mehr anzufangen weiß als manche seiner Kollegen mit deren vielen".
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