Joyce Carol Oates

Unter Verdacht

Die Geschichte von Big Mouth und Ugly Girl. (Ab 13 Jahre)
Cover: Unter Verdacht
Carl Hanser Verlag, München 2003
ISBN 9783446203020
Gebunden, 288 Seiten, 15,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Birgitt Kollmann. Niemals wäre Matt auf die absurde Idee gekommen, ein Attentat auf seine Schule zu verüben. Klar hat er in der Caf teria herumgetönt, er würde die Schule in die Luft jagen. Aber das kann doch keiner ernst genommen haben! Die Leute kennen ihn doch! Sind denn alle verrückt geworden? Die Polizei, Mitschüler, Lehrer, Journalisten? Matt steht wahrhaftig unter Verdacht. Und ausgerechnet Ursula Riggst, die Unnahbare aus dem Baskettball-Team, hilft ihm, den Albtraum durchzustehen und seine Unschuldzu beweisen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.05.2003

Joyce Carol Oates ist zum ersten Mal explizit unter die Jugendbuchautoren gegangen, berichtet Gerda Wurzenberger. Mit einem Roman, in dem sie ihre Leser nicht an die Orte oder in die Zeit der eigenen Kindheit zurückführt, sondern in dem sie sich auf die Erlebniswelt heutiger Jugendlicher bezieht. "Unter Verdacht" gerät bei Oates der als Außenseiter verschriene Junge Matt. Angeblich will er die Schule in die Luft sprengen. Ein Hetzkampagne gegen ihn setzt ein, auch wenn seine Unschuld schnell bewiesen ist. Nur das Mädchen Ursula dringt zu ihm durch, hält zu ihm, und es deutet sich eine zarte Liebesgeschichte an, fasst Wurzenberger den Plot zusammen. Heile Welt gibt es selten bei Oates, schreibt die Rezensentin, auch in diesem Buch seien die Familien nicht heil, sondern frustriert, das soziale Klima in der Schule und in der Kleinstadt am Rande New Yorks von Engstirnigkeit und Angst geprägt. Dennoch - am Ende kommt alles ins Lot, nach dem Motto: Kinder erziehen ihre Eltern. Brauchen Kinder- und Jugendbücher diesen Schonraum, fragt Wurzenberger und zitiert die vielfache Kinderbuchautorin Christiane Nöstlinger, die im Laufe ihrer Karriere die Erfahrung gewonnen hat, dass "Eltern für Kinder stets unter dem Gebot der Schonung stehen".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Eine Kritik der amerikanischen Gesellschaft liest Susanne Mayer aus dem neuen Buch von Oates heraus, einer Gesellschaft, der "Reputation über alles geht", die aber Freundschaft und Zivilcourage vergisst. Der sechzehnjährige Klassenliebling Mats gerät unter Terrorismusverdacht, und alle seiner früheren Freunde, seine Eltern, die Lehrer und die Psychologen, alle gehen in Deckung und lassen ihn alleine. Im "E-Mail-Stilmix" erzähle die Autorin dann, wie die Außenseiterin Ursula sich seiner annimmt, wie sie Freunde werden und sich helfen. Dazu ein "filmreifer Auftakt" und ein ebensolches Ende, und die Rezensentin kann sich zufrieden zurücklehnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003

Ein Klima der Angst und Hysterie hat sich in den Vereinigten Staaten eingenistet, worauf der Dokumentarfilmer Michael Moore mit "Bowling for Colombine" auf seine Weise reagiert hat. Es ist kein Zufall, dass Rezensent Hubert Filsner zu Joyce Carol Oates' Jugendroman Moores Film einfällt, denn auch bei Moore ist ein Schulmassaker Ausgangspunkt seiner Recherche. Bei Joyce Carol Oates genügt der Verdacht, ein Attentat geplant zu haben, um einen jugendlichen Außenseiter zum Täter zu stempeln. Ein hysterischer Feldzug setzt ein, beschreibt Filser das Romangeschehen, der, einmal in Gang gesetzt, kaum zu stoppen wäre. Nur ein Mädchen halte zu dem beschuldigten Jungen. Oates erzähle die Handlung sehr geradlinig, ohne komplexe Handlungsstränge wie sonst in ihren Romanen; ihre Kritik an der amerikanischen Mentalität der Panikmache und des Sich-Verschanzens mische Oates geschickt unter die Erzählung. Allerdings wirkt es manchmal so, als arbeite sie etwas beflissen eine Geschichte ab, konstatiert Filser. Eine Geschichte, die es dennoch in sich hat, denn die Gefühlswelt der Jugendlichen beschreibe Oates auf gelungen knappe Weise.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.03.2003

Jürgen Stahlberg kann Joyce Carol Oates für ihren ersten Jugendroman nur loben: "Endlich mal wieder ein packender Jugendroman mit einer hinreißenden Heldin und einem intelligenten Thema, das Erwachsene schlecht aussehen lässt." Unter den amerikanischen Autoren ist Oates nicht unbedingt die große Komikerin, dafür aber die "scharfsinnigste Soziologin", befindet Stahlberg. Und er ist heilfroh, dass die Autorin dieses Talent auch in der vorliegenden Geschichte um Verdacht, Ausgrenzung und Freundschaft einsetzt und damit ihren jugendlichen Lesern das erspart, was sie bei den Jugendbüchern von Isabel Allende oder Batya Gur ertragen mussten: "mindere Ansprüche und Belanglosigkeiten". Stahlberg gefällt das Thema und der Respekt, den Oates vor ihren Lesern hat. Selbst wenn die noch jung sind.
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