Jürgen Becker

Gesammelte Gedichte

1971-2022
Cover: Gesammelte Gedichte
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430446
Gebunden, 1120 Seiten, 78,00 EUR

Klappentext

Zu Jürgen Beckers 90. Geburtstag am 10. Juli 2022 erscheint diese Sammlung sämtlicher zwischen 1971 und 2022 erschienenen Gedichtbände, mit einem umfangreichen Nachwort von Marion Poschmann. Der Band enthält alle Gedichte, dazu Collagen und Bilder von Rango Bohne und Fotos von Boris Becker.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.07.2022

Rezensent Tobias Lehmkuhl staunt, wie Jürgen Becker aus einem "überschaubaren Repertoire" immer wieder neue, konzise Sprach- und Denkbilder entwickelt. Zu erleben ist das laut Rezensent beim Lesen der Gesammelten Gedichte. Dass Beckers Lyrik persönlich ist, ohne jemals nur privat zu sein, erfährt Lehmkuhl im Nachwort von Marion Poschmann und kann es selbst überprüfen. Die chronologische Ordnung der Texte im Band ermöglicht es Lehmkuhl zudem, Becker bei der Entwicklung seiner Motive und Themen und ihrer Korrespondenzen über die Schulter zu sehen. Das Fehlen von Reimen und Metaphern in den Gedichten und die Konzentration auf eher beunruhigende Motive ändert nichts daran, dass der Rezensent die Texte als schön empfindet. Das liegt für Lehmkuhl an Beckers Ton von "sachlicher Melancholie".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.07.2022

Zum 90. Geburtstag des Autors erscheint dieser Band mit den Gesammelten Gedichten von Jürgen Becker. Für Nico Bleutge eine Gelegenheit, Themen, Motive und das "collageartige Schreiben" des Autors noch einmal kompakt zu betrachten. Etwa, wie Becker Landschaft poetisiert und mit Erinnerung, Denken und Fühlen auf kraftvolle Weise verschneidet. Für Bleutge steht fest: Bei diesem Autor zählt jeder Moment, und sein Schreiben ist eine Mitschrift noch des Unscheinbarsten. Wie in den Texten ein Geräusch oder ein Bild Historisches oder die Erinnerung an den Krieg erweckt, ist für den Rezensenten immer wieder verblüffend.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.07.2022

Rezensent Helmut Böttiger freut sich über die gesammelten Gedichte von Jürgen Becker zu dessen 90. Geburtstag. Dabei blickt der Kritiker zurück auf die künstlerische Entwicklung des im Rheinland geborenen, später in Thüringen lebenden Autors, der hauptsächlich Lyrik und später auch Prosa schrieb: 1966 zunächst von der Gruppe 47 als "zu postmodern" verrissen, erhielt er ein Jahr später den Preis der Gruppe und hat bis heute Erfolg - vor allem bei zeitgenössischen jüngeren Autoren und Autorinnen, so Böttiger, was sich für ihn vor allem aus Beckers Stil erklärt: In seinen ersten Büchern arbeitete er viel mit Collagen, und auch in seinen Gedichten gehe es sehr assoziativ und fließend zu, Reize und visuelle Eindrücke dominieren; der Kritiker spricht hier vom "Bewusstseinstreiben" und ordnet Becker der Fluxus-Bewegung zu. Auch US-amerikanische Langgedichte kommen ihm hier als Referenzpunkt in den Sinn. Weiterhin findet Böttiger in den Gedichten Anspielungen auf frühere Werke des Autors, die Überführung der Trennung zwischen lyrischem Ich und Welt in eine Art "Gleichzeitigkeit", Erinnerungen an den Krieg und "Thüringer Motive". Für Böttiger "große Kunst", die aktuell bleibt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 09.07.2022

Rezensent Herbert Wiesner staunt über den zu Jürgen Beckers 90. Geburtstag erschienenen Band mit gesammelten Gedichten von 1971 bis 2022, in dem sich ein halbes Jahrhundert deutscher Geschichte nachlesen lasse. Vor allem schätzt der Kritiker hier, dass der Osten für Becker "nie ein weißer Fleck" war: Der in Köln geborene Autor zog als Kind nach Thüringen und machte dort Kriegserfahrungen, die in die Gedichte einflossen, so Wiesner. Interessiert liest der Kritiker auch das "ausführliche" Nachwort von Marion Poschmann, das ihm mit den vorgestellten Parallelen von Beckers Werk zur bildenden Kunst, zu Typogrammen oder zu Collagen einen interessanten Zugang bietet und zudem über Beckers Abneigung gegen Metaphern nachdenke. Auch den zweiten nun erschienenen Band mit neuen Journalgedichten, "Die Rückkehr der Gewohnheiten", erwähnt der Kritiker kurz und schreibt dem Autor hier eine gewissermaßen journalistische, "nach vorwärts gewandte Spurensicherung" zu. Im Fall von Jürgen Becker steht für den Kritiker fest: "Selten hat man so viel gelassene Lakonie so glitzern sehen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.07.2022

Rezensent Martin Oehlen freut sich über diesen von der Lyrikerin Marion Poschmann herausgegebenen und mit einem Nachwort versehenen Band mit den Gedichten von Jürgen Becker aus der Zeit 1971-1922. Zu erleben ist laut Oehlen ein Dichter, dem es um alles geht und der in der Beobachtung des Kleinen immer auch das Große erkennt und umgekehrt. Insofern liest Oehlen die Texte auch als Chronik der BRD. Die enthaltenen Malereien, Collagen und Fotos von Beckers verstorbener Frau Rango Bohne und seinem Sohn Boris Becker bereichern den Band laut Oehlen und erinnern daran, dass die bildende Kunst für Becker prägend war.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.07.2022

Für Rezensentin Insa Wilke dokumentieren die Gesammelten Gedichte von Jürgen Becker ein Lebenswerk und die Poetik des Autors auf eindringliche Weise. Beckers Dichtung der Gleichzeitigkeit vereint für Wilke das Einzelne und das Kollektive, innere und äußere Räume. Das so bei der Leserin entstehende Gefühl für das Jetzt erscheint Wilke von beträchtlicher Tiefe und emotionaler Wucht. Dass Geschichtsbewusstsein bei diesem Autor nicht zu einem abgeschlossenen Weltbild führt, erfährt die Rezensentin mit jedem Text dieses Autors von Neuem.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.06.2022

Rezensent Peter Neumann besucht den von ihm sehr verehrten Lyriker Jürgen Becker kurz vor dessen neunzigstem Geburstag in Köln und kommt auch kurz auf zwei Neuerscheinungen zu sprechen: Die etwas vorzeitig herausgegebenen "Gesammelten Gedichte", die Becker großmütig mit dem Hinweis wegsteckt, er sei ja kein Martin Walser, wie Neumann berichtet, und einen Band mit neuen Gedichten "Die Rückkehr der Gewohnheiten". In beiden Ausgaben spürt Neumann das Augenblickliche, den unmittelbaren Moment, die Wahrnehmung, also genau das, was den Lyriker Becker so stark machte. Und auch wenn manche Gedichte schon ein wenig nach Abschied klingen, ist ihr Sound noch immer frisch, meint Neumann, der auch versichert, dass bei Becker der Lärm der A 4 klinge "wie Meeresrauschen".