Kiran Nagarkar

Gottes kleiner Krieger

Roman
Cover: Gottes kleiner Krieger
A1 Verlag, München 2006
ISBN 9783927743885
Gebunden, 707 Seiten, 28,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. Von den dunklen Seitenstraßen in Bombay zu den heiligen Hallen von Cambridge, von der Jagd nach Salman Rushdie zu den Terroristencamps in den Bergen Afghanistans, vom abgeschiedenen Trappistenkloster in Kalifornien zu den geheimen Weihen und kriminellen Machenschaften der internationalen Finanzwelt führt der Kreuzzug von Zia Khan, Gottes kleinem Krieger. Egal, welchen Glauben er verteidigt und welcher der Weltreligionen er sich in den verschiedenen Phasen seines Lebens verpflichtet fühlt: Zia, Sprössling einer liberalen muslimischen Familie aus Bombay und ein begnadetes Mathematikgenie glaubt, der Auserwählte zu sein, dazu erkoren, die Welt zu retten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.11.2006

Dies sei nicht gerade Kiran Nagarkars bestes Buch, stellt Rezensentin Katharina Granzin trotz vieler gegenteiliger Kritikermeinungen trocken fest. Dessen Unternehmen, in einer Romanhandlung einmal durchzuspielen, wie ein fundamentalistischer Fanatiker tickt, hält sie außerdem für gescheitert. Bereits der Ansatz selbst, diese Demonstration als Coming-of-Age-Geschichte anzulegen, ist ihr zu unspezifisch und allgemein. Aus ihrer Sicht gelingt es Nagarkar nämlich nicht, eine überzeugende Grundlage für die Grundthese des Romans zu schaffen, dass es äußere Umstände sind, die ein Individuum in den Fanatismus treiben. Auch die Zeichnung seiner Charaktere findet sie zu eindimensional, um ein derart komplexes Zeitphänomen angemessen abzuhandeln. Dies wiegt für die Rezensentin umso schwerer, als dieses Buch ihrer Einschätzung zufolge Charakterstudie und Thesenroman in einem sein will. Nur in der Figur des Bruders der Hauptfigur, einem agnostischen Spötter und intellektuellen Skeptiker, beginnt für sie der Roman plötzlich zu leben. Doch angesichts dieser kleinen Höhenflüge schmerzen sie die unerfüllten Leserhoffnungen erst recht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2006

Bestens unterhalten hat sich Rezensentin Angela Schader bei der Lektüre dieses Romans von Kiran Nagarkar, auch wenn sie dessen Behandlung des Themas des religiösen Extremismus nicht immer überzeugt. So lobt sie besonders die spannende mit zahlreichen Wendungen überraschende Romanhandlung. Einen ambivalenten Eindruck hinterlässt bei ihr dagegen der Umstand, dass der Autor sein Thema nicht auf realistischer Ebene angeht. Die Hauptfigur, der hochbegabte religiöse Extremist Zia, der sich für einen Auserwählten hält und mehrmals seinen Glauben wechselt, erscheint ihr nämlich psychologisch wenig glaubwürdig. Besonders fällt ihr ins Auge, dass der Glaube Zias praktisch nie zu Wort kommt. Dadurch entsteht ihres Erachtens eine Leerstelle, "die paradoxerweise im literarischen Kontext weniger plausibel wirkt als im Blick auf die Realität".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2006

Hubert Spiegel ist fasziniert von diesem Buch, das er als weiteren Beweis für eine veränderte Perspektive unter sich mit dem Thema Terror auseinandersetzenden Autoren begreift, hin zur Ursachenforschung. Kiran Nagarkars dritten auf deutsch vorliegenden Roman bezeichnet Spiegel im Aufmacher der FAZ-Buchmessenbeilage sehr allgemein als "überbordende Porträtstudie eines extremen Charakters", weil Nagarkar Terror nicht aus der Konfrontation von Orient und Okzident ableite, sondern das Phänomen weiter fasse und in seiner Entstehung beobachte. Spiegel erscheint das angebracht und in diesem Buch spannend umgesetzt. Eine gute Gelegenheit für den Rezensenten, auf den kleinen Münchner A1 Verlag aufmerksam zu machen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.09.2006

Rezensentin Dorothea Dieckmann hat einiges übrig für das "überschäumende Erzähltalent" dieses Autors, dessen Buch sie als "süffigen Schmöker" durchaus zu goutieren wusste. Trotzdem ist ihr diese Mischung aus "Räuberpistole, Politroman und Religionsthriller" eine Spur zu oberflächlich geraten, sieht ihr die "verspielte Opulenz" dieses Romans über zwei ungleiche indische Brüder oft eher nach "Überfrachtung" aus. Den Inhalt fasst sie immer wieder überrascht von unwahrscheinlichen Wendungen und Volten zusammen. Einer der Brüder, ein genialer Mathematiker, wird erst islamischer Fundamentalist, um schließlich als strenggläubiger Katholik in einem kalifornischen Trappistenkloster zu landen, und sich irgendwann auch noch als James-Bond-gleiche Figur zu entpuppen. Auch stöhnt die Rezensentin angesichts eher unverdaulicher Portionen banaler Moral gelegentlich auf, denn dass beispielsweise "Fanatiker und Verräter komplementäre Verkörperungen desselben tödlichen Purismus" sind, hat sie auch schon gewusst. Die "ausufernden Motivik", die "burlesken Ironie" und der "westliche Bildungswust", mit dem Kiran Nagarkar seine eher simplen Erkenntnisse gestaltet hat, bringen die Rezensentin immer wieder ins Schwitzen. Dadurch verliert sich die "bildkühne Eloquenz" dieses Autors aus ihrer Sicht schließlich im Seichten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.09.2006

Alex Rühle stellt in seiner kaum direkt wertenden, aber durchaus positiven Besprechung zunächst den indischen Autor Kiran Nagarkar vor. Nagarkar gilt in seiner Heimat als Lichtgestalt der indischen Literatur und wird als literarisches Gewissen verehrt, teilt der Rezensent mit. Die Fertigstellung von "Gottes kleine Krieger" hat nicht zuletzt deshalb sieben Jahre gedauert, weil den Autor seine eigene Hauptfigur derart genervt habe, dass er immer mal wieder eine Pause beim Schreiben einlegen musste. Das Buch dreht sich um Zia, der seine religiösen und politischen Überzeugungen wechselt wie andere die Unterwäsche, dabei aber immer gleichermaßen fanatisch und extremistisch bleibt, fasst Rühle zusammen, der nicht zuletzt wegen Nagarkars Leben im Schmelztiegel Bombay davon überzeugt ist, der Autor wisse ganz genau über Fanatismus Bescheid. Vielleicht verarbeite der Roman mitunter gar zu viele Strömungen und Motive, gibt der Rezensent in einem kritischen Moment zu bedenken, aber auch das habe er schließlich mit Bombay gemeinsam.
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