Lars Saabye Christensen

Der Halbbruder

Roman
Cover: Der Halbbruder
btb bei Goldmann, München 2003
ISBN 9783442751082
Gebunden, 767 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Christel Hildebrandt. Der junge Barnum wird in eine Welt geboren, die von Frauen geprägt ist und von alten Familiengeheimnissen. Da ist seine Urgroßmutter, ein ehemaliger Stummfilmstar aus Dänemark, die immer noch ihrem Verlobten nachtrauert, der von einer Exkursion ins ewige Eis Grönlands nicht zurückgekehrt ist. Da ist seine Großmutter Boletta, die die Familie als Telefonistin über Wasser hält und den Vater ihrer unehelichen Tochter nicht verraten will. Und da ist Barnums Mutter Vera selbst, die in den letzten Kriegstagen auf dem Trockenboden vergewaltigt wird und daraufhin einen Sohn zur Welt bringt, den sie Fred nennt. Er ist Barnums Halbbruder - der schließlich mit seinem Verschwinden das Leben aller Familienmitglieder unwiderruflich in neue Bahnen lenkt ...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.12.2004

Der Rezensent Kai Wiegandt vermutet, dass Autor Lars Saabye Christensen mit diesem Roman große Ziele verfolgt hat, denn das Buch "taugt von seiner Konzeption her dazu, seinen Autor als Staatsschriftsteller zu etablieren". Christensen hat ein episches Panorama Norwegens geschrieben, in dessen Kern die Frage steht: was bedeutet es, Norweger zu sein. Nur den Rezensenten überzeugt er leider damit nicht, der ist eher gelangweilt: "Nicht nur am Gesetz der Wiederholung liegt es, dass 'Der Halbbruder' wie ein Musikstück wirkt, in dem man immer schon den nächsten Ton ahnt und ihn dann bekommt". Als störend empfindet Wiegandt zum Beispiel, dass der Autor "gefühlsintensive Momente am laufenden Band" erzeugt, dass bei ihm "das Leben aus den zählbaren Tränen der Rührung" besteht. Deshalb zieht der Rezensent ein für den offensichtlich überambitionierten Autor, dem trotzdem nicht mehr als eine "professionell geschriebene Schwarte" gelungen ist, ein negatives Fazit. Denn das Problem ist: "Christensens Buch will verzaubern, es ist dezidiert antiaufklärerisch und verkauft immer wieder Ideologie als wunderbare, ursprüngliche Kraft."
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.08.2003

Aldo Keel sieht in diesem Buch einen weiteren Beweis für den gegenwärtigen "bemerkenswerten Aufschwung" der norwegischen Literatur und er teilt mit, dass der Roman in Norwegen bereits viele Preise errungen und Lars Saabye Christensen zum "Millionär" gemacht hat. Die Geschichte, in deren Mittelpunkt die Halbbrüder Barnum und Fred stehen, handelt von "Schwindlern und Filmern" und vom Geschlechterverhältnis, fasst der Rezensent zusammen. Nicht selten während der Lektüre fühlt er sich an Knut Hamsun erinnert, der, wie Keel mitteilt, auch die "Fäden" bei einem entscheidenden "Berufungserlebnis" Barnums, der erst Clown und dann Filmemacher wird, zieht. Diesem Protagonisten, dessen Profession es ist, Illusionen zu verkaufen, soll man ja nicht alles abnehmen, was er erzählt, warnt Keel, der insgesamt von diesem Roman angetan scheint, auch wenn er es so direkt nicht schreiben will.
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