Linus Reichlin

Das Leuchten in der Ferne

Roman
Cover: Das Leuchten in der Ferne
Galiani Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783869710532
Gebunden, 304 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Moritz Martens, einst gefragter Kriegsreporter, bekommt seit Monaten keine Aufträge mehr. Da weht der Zufall eine Frau in Martens' Leben: Die faszinierend fremdländisch wirkende Miriam Khalili. Ihr Vater war einst aus Afghanistan geflohen, sie selbst ist in Berlin aufgewachsen. Miriam erzählt Martens eine unglaubliche Geschichte: Sie würde eine junge Afghanin kennen, die als Junge verkleidet seit Monaten mit einer Talibangruppe durch die Berge zieht. Der Anführer der Gruppe ist weit über die Grenzen des Landes hinaus für seine Brutalität und seinen Frauenhass berüchtigt. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das Mädchen enttarnt wird. Um sich zu retten sei es bereit, für zehntausend Dollar ein Interview zu geben. Miriam könne über einen Kontaktmann ein Treffen an einem geheimen Ort arrangieren. Doch schon in der Transall nach Feyzabad beginnt Martens an der Echtheit der Geschichte zu zweifeln. Ganz offensichtlich war Miriam noch nie zuvor in Afghanistan und verwickelt sich auch sonst immer mehr in Widersprüche. Doch Martens liebt das Unvorhersehbare und lässt sich trotzdem auf das Abenteuer ein. Er kann nicht ahnen, wie sehr das, was ihn in Afghanistan erwartet, sein Leben verändern wird.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.06.2013

Im Amtswartezimmer die Traumfrau finden, als Ritter mit ihr in die Ferne reisen und dort schließlich zum ganzen Kerl heranwachsen - um solche Männerfantasien geht es in Linus Reichlins höchst abenteuerlicher Geschichte, schreibt Rezensentin Katharina Granzin, die darin den Stoff mehrerer, wenigstens aber zweier Romane verarbeitet sieht. Wobei es ihr bei aller zugewandter Belustigung schon etwas aufstößt, dass der Mann im Buch - ein eigentlich schon gesetzter Reporter, den überraschende soziale Not auf eine Frau aus Afghanistan treffen lässt, was ihn zu einer Reise in deren Heimatland bringt, wo er von den Taliban als Geißel genommen wird - zum Kerl erst dann werden kann, nachdem die Frau geflissentlich aus der Geschichte subtrahiert wurde. Gut gefällt Granzin Reichlins ökonomisch effiziente Erzählweise, weit weniger gut aber die mangelnde psychologische Glaubwürdigkeit des Texts und die allzu dick aufgetragene "Räuberromantik", wenn der Held mit den Taliban durchs Gebirge wandert. Und trotz glänzender Recherche nervt sie schließlich auch der touristische Gestus gegenüber Afghanistan.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.05.2013

Alexander Košenina fährt die ganz großen Geschütze auf, um Linus Reichlins Roman "Das Leuchten in der Ferne" angemessen zu preisen: Aristoteles hatte recht, Poesie ist besser als Geschichtsschreibung, ist er sich nach der Lektüre nun endgültig sicher, unvergesslich findet der Rezensent das Buch, ein Stück große Literatur - und dabei sogar noch richtig spannend. Reichlin erzählt die Geschichte eines Kriegsreporters, Moritz Martens, der sich von einer jungen Berliner Fotografin zu einer Reise nach Afghanistan überreden lässt; die Frau verlockt ihn nicht weniger als die versprochene Story über ein Mädchen, das als Junge verkleidet unter den Taliban lebt. Die Fotografin Miriam hat aber noch andere Pläne, verrät Košenina, sie will ihren Exmann befreien, der in Afghanistan als Geisel gehalten wird. Die Geschichte wird dem Rezensenten noch lange nachgehen, sagt er voraus.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2013

Gekonnt gebaut und spannend findet Hilmar Klute Linus Reichlins Roman über einen alternden Reporter auf der Suche nach der Wirklichkeit. Dass der Held sie in den Männerbünden in den Bergen Afghanistans nicht findet, wo sich alle Tradition und Religiosität als käuflich erweist, findet Klute nicht abgeschmackt. Für ihn darin vergleichbar mit Borns "Die Fälschung", gelingt es Reichlin, aktuelle zivilisatorische Brüche kenntlich zu machen. Auch wenn des Autors Abgleich der Armut der Entwicklungsländer mit der westlichen Sattheit mitunter allzu grob ausfällt, wie Klute feststellt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.04.2013

Zuerst genießt sie nur das Packende an diesem Abenteuerroman von Linus Richlin, der seine Helden, eine Fotografin und einen alternden Kriegsreporter, an den Hindukusch schickt. Bald jedoch bemerkt die Rezensentin, dass der Autor hier einen zuweilen brutalen Abgesang schreibt - auf die platte Abenteuerromatik sowieso, aber auch auf das Abenteuer an sich. Indem er möglichst sinnlich dessen Mühen beschreibt, den Hunger, die Langeweile, die Verständigungsschwierigkeiten und auch die Entpolitisierung des Terrors. Zu viel möchte Martina Läubli gar nicht verraten. Aber unterhaltsam scheint ihr das Buch bei aller Bitterkeit dennoch.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.03.2013

Bettina Cosack ist unsicher, wie wenig Recherche sich ein Romanautor erlauben kann, wenn er einen Gegenwartsroman über einen Reporter in Afghanistan schreibt, ihn mit präzisen Beschreibungen spickt und beständig "Wahrhaftigkeit suggeriert". Gelindert werden ihre Zweifel nur, weil ihr Linus Reichlins Sprache in "Das Leuchten in der Ferne" wieder einmal so gut gefällt. Reichlins Protagonist ähnelt oberflächlich seinem Komissar Hannes Jensen aus den früheren Kriminalromanen, erklärt die Rezensentin, nur ungleich unsympathischer ist er ihr: Moritz Martens ist ein ehemaliger Kriegsreporter, der ordentlich Gewicht zugelegt hat, ansonsten ist er "geschieden, arbeitslos, perspektivlos". Als ihm in der Schlange des Bürgeramtes eine junge Afghanin begegnet, packt ihn das Fernweh. Sie bringt ihn in Kontakt mit einer jungen Frau, die als Mann verkleidet mit den Taliban reist, er schafft es, sich der Gruppe anzuschließen, fasst Cosack zusammen. Trotz ihrer Bedenken hat das Buch sie gefesselt, gibt die Rezensentin zu.