Louise Welsh

Dunkelkammer

Roman
Cover: Dunkelkammer
Antje Kunstmann Verlag, München 2004
ISBN 9783888973482
Gebunden, 302 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Wolfgang Müller. Rilke ist Anfang 40, homosexuell und angestellt bei Bowery Auctions, einem Auktionshaus in Glasgow. Ein Herrenhaus, voll mit antiken Möbeln, wertvollen Teppichen und Kunstgegenständen, muss innerhalb einer Woche geräumt werden. Eine Bedingung ist mit diesem Auftrag verbunden: Das Arbeitszimmer des Verstorbenen muss von Rilke persönlich geräumt, der Inhalt restlos vernichtet werden. In diesem Raum entdeckt Rilke eine exquisite pornographische Bibliothek, seltene Erstausgaben, und alles in ihm sträubt sich gegen die Zerstörung. Schließlich stößt er auf eine Sammlung von brutalen und hochgradig verstörenden Fotos. Und was er auf diesen Fotos sieht, kann er nicht mehr vergessen. Nur noch ein Gedanke beherrscht ihn: Sind diese Fotos echt? Oder gestellt? Und welche Rolle spielte der Verstorbene? Rilke begibt sich auf die Suche, die ihn in die schäbigen Viertel Glasgows führt, in die Drogen- und Transvestitenszene, in ein internationales Netzwerk von Menschenhändlern.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Geschrieben und komponiert ist das Ganze sehr fein. Louise Welsh erklärt alles nur einmal, das ist in Krimis selten. Die gewaltige Pointe hätte man kommen sehen können. Man blättert zurück und bewundert, wie geschickt die Autorin des Rätsels Lösung vorbereitet hat: Die entscheidenden Details hat sie offen ausgebreitet, aber so, dass man es nicht gemerkt hat...
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.09.2004

"Als Story nicht totzukriegen, doch der Triftigkeit beraubt", lautet Hubert Winkels lakonisches Urteil zu Louise Welshs Roman über die sexuelle Übermächtigkeit. Dort findet der schwule Auktionator Rilke in einer fremdem Wohnung Fotos von sexueller Folter und Ritualmord. Zu einer nicht ungewöhnlichen Wendung in der Populärliteratur komme es, so der Rezensent, wenn dieser "instabile Schnellsexliebhaber" zu einem tüftelnde Kommissar wird und auf der Spur seine amerikanische Detektivmoral und seine Bereitschaft zum Selbstopfer entdecke. In dem Roman sieht der Rezensent eine Antwort auf die Frage, was nach dem 20. Jahrhundert- dem Jahrhundert der Sexualität- noch kommen kann: "Nach dem Sex kommt der Rückblick auf den Sex". Dennoch scheint er mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden zu sein, wenn er etwas ermüdet urteilt: "Eigentlich amüsieren wir uns nur über die Schreckensgestalt des fernen Säkulums von gestern. Und gruseln uns höflich vor dem Einschlafen".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.05.2004

Mal wieder schön blöd findet es Kolja Mensing, dass der Verlag sich darum drückt, auf den Klappentext zu schreiben, was in diesem Buch drin ist: ein "Krimi" nämlich. Der alte Literatur-Vorbehalt greift da wohl, meint er, und in diesem Fall völlig zu Unrecht. Die Geschichte um den schwulen Antiquar Rilke hat ihn nämlich fasziniert. Weniger wegen der kulturgeschichtlichen Exkurse in die Geschichte des Serienmords, sondern sehr viel mehr der ganz und gar überzeugend gezeichneten Gegenwart wegen. Dass Louise Welsh selbst ein Antiquariat geführt hat, das sei gar nicht zu übersehen, so trefflich gelängen ihr die atmosphärischen Beschreibungen des Milieus der "halbseidenen Welt der Auktionshäuser". Also: "Dunkelkammer" ist ein Krimi, aber einer mit "literarischen Qualitäten", meint Mensing. Und: dass das nicht von vorneherein ein Widerspruch ist, das muss der Verlag noch lernen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.05.2004

Mit Kriminalromanen kann Rezensent Axel Rühle erklärtermaßen meist wenig anfangen, mit Louise Welshs Debüt "Dunkelkammer" dagegen sehr viel. Dass dies ein Kriminalroman ist, daran besteht gar kein Zweifel, und zwar ein vertrackter. Rilke, ein schwuler Alkoholiker in Diensten eines Auktionshauses, macht auf dem Dachboden eines gerade Verstorbenen eine schaurige Entdeckung und bringt im weiteren Verlauf der Handlung sich sowie noch die wenigen Leute, die es mit ihm aushalten, in ernste Gefahr. Großartig aber ist das, so Rühle, weil die Autorin Stimmungen und Atmosphären in der finsteren Stadt Glasgow zaubern kann, weil sie "herrliche Charaktere" entwirft und sie wunderbar beschreibt und weil es dann auch noch ein "sublimiertes Happy End" gibt, an dem wohl alles stimmt. Es gibt noch ein paar andere, dies aber die wesentlichen Gründe, warum Axel Rühle diesen Roman offenkundig von ganzem Herzen liebt.
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