Manfred Fuhrmann

Der europäische Bildungskanon

Erweiterte Neuausgabe
Cover: Der europäische Bildungskanon
Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783458172048
Kartoniert, 266 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Die PISA-Studie hat gezeigt, dass Deutschland auch in einer Bildungskrise steckt. Zugleich aber ist Bildung im klassischen Sinn gar nicht mehr gefragt in den Tests, die mehr die Fähigkeit zur Lektüre einer Gebrauchsanweisung und ihrer praktischen Umsetzung als das Verstehen von Literatur überprüfen sollen. Über Jahrhunderte gab es eine einheitliche europäische Bildung. Vom frühen Mittelalter bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts setzte sich jede wichtige Neuerung mit geringer Verzögerung auf dem ganzen Kontinent durch. Die Zeit aber, in der die philosophische, künstlerische und wissenschaftliche Tradition lebig, in der ein Bildungskanon verbindlich war, scheint vorbei - und doch ist beides prägend auch noch für unsere heutige Kultur. Die neu entfachte Kanondebatte ist ein Indiz dafür. Nach der Definition der Begriffe "Bildung" und "Kanon" beschreibt Manfred Fuhrmann die Rezeption der Antike und die Institutionen, die entscheidend zu einer gesamteuropäischen Bildung beigetragen haben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.04.2004

Für eine eindeutige Verbesserung hält Daniel Jütte Manfred Fuhrmanns Neuausgabe seiner vor fünf Jahren erstmals erschienen Abhandlung über den Zustand der bürgerlichen Bildung allemal - vor allem, weil diese Neufassung deutlich pessimistischer ausfällt: "Das schweißgebadete 'O tempores!' des gelehrten Latinisten liest sich ungleich spannender als der stellenweise zähe tour d'horizon der ersten Ausgabe'. Doch das bedeutet nicht, dass Jütte dem Alt-Philologen und seinem Kulturpessimismus in allen Fragen recht gibt. Er ist zwar durchaus im Einklang mit Fuhrmanns Kritik, dass die PISA-Studie nur begrenzte Aussagekraft hat, weil dort vor allem ökonomisch verwertbares Wissen abgefragt wurde. Doch mit seiner Sicht auf die soziale Bedeutung von Bildung ist Jütte trotzdem nicht einverstanden: "Skepsis ist also angebracht, wenn Fuhrmann behauptet, im Schmelztiegel der Erlebnisgesellschaft habe die Bindung an die Hochkultur ihre distinktive Kraft eingebüßt." Diese Skepsis bringt Jütte auf eine einfache Formel: "Zumindest für Deutschland gilt: Wo Latein gelehrt wird, hört man weniger Türkisch." Deshalb liegt die Gefahr nicht im Niedergang des bürgerlichen Bildungskanon: "Statt Bildungsdünkel droht sozialer Dünkel."

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