Mark Jones

1923

Ein deutsches Trauma
Cover: 1923
Propyläen Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783549100301
Kartoniert, 384 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz. 1923 - Das Jahr der Extreme. Es war das Jahr, in dem die deutsche Politik von Krise zu Krise schlitterte, als ein Bürgerkrieg realistisch erschien und die Republik an ihren Extremen und ihrer prekären Wirtschaftslage zu zerbrechen drohte.  Was erzählt die traumatische Erfahrung des Jahres 1923 über uns? Der Historiker Mark Jones führt uns mitten hinein ins Krisenjahr 1923: in jene Monate, als französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet besetzten, die Deutschen für ein Brot Milliarden zahlten und in den Bierkellern ein Rechtsextremist namens Adolf Hitler reüssierte. Jones erzählt von der Bedrohung des Staates durch Putschisten von links und rechts, von Hunger und Antisemitismus - aber auch davon, wie das Land die Dauerkrise überwand und zu Stabilität und Frieden fand. Am Ende standen die Demokraten als Sieger da.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 12.09.2022

Rezensent Arno Orzessek wundert sich, dass nach allem Unheil, das Mark Jones in seinem Buch für das Jahr 1923 verzeichnet, Weimar und die "Goldenen Zwanziger" überhaupt noch möglich waren. Dass der Historiker 1923 als Jahr des Schreckens zeichnet, wundert Orzessek hingegen nicht. Beginnend mit dem Mord an Rathenau lässt Jones laut Rezensent den Blick weit schweifen und macht so deutlich, dass die Weimarer Republik mehr war als Berlin. Nach Bayern, ins Ruhrgebiet und nach Frankreich nimmt der Autor den Leser mit, erklärt Orzessek. Dass er über die Konzentration auf "große Männer", die Geschichte machen, die Rolle von Institutionen und Gesetzen vernachlässigt, sieht der Rezensent kritisch. Dafür entschädigt ihn der Autor mit "bestürzend eindringlichen" Schilderungen von Armut und Gewalt und der Auswertung von Medien und privaten Dokumenten aus allen sozialen Schichten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.07.2022

Rezensent Stefan Reinecke hat Zweifel an der Stoßrichtung des Buches von Mark Jones. Zwar folgt er dem Historiker bereitwillig ins Jahr 1923, zu Hitler-Putsch, Hyperinflation und vor allem: zur Ruhrbesetzung durch die Franzosen und zu ihrem brutalen Gebaren, das der Autor laut Reinecke chronologisch als filmisch aufgepeppte Ereignisgeschichte zwischen Alltag und Analyse erzählt. Wenn der Autor allerdings versucht, 1923 zum Erfolgsjahr der Demokratie hochzujazzen, winkt Reinecke ab. Weder steht den Ambivalenzen des Jahres so ein Etikett noch gefällt solcherlei "Staatspädagogik", findet Reinecke.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2022

Rezensent Gerd Krumeich gefällt, wie Mark Jones in seiner Fortsetzung von "Am Anfag war Gewalt" das deutsche Krisenjahr 1923 rekapituliert. Umsichtig findet er, wie Jones Forschungsliteratur und zeitgenössische Pressetexte als Quellen nutzt, die Erzählweise erscheint ihm mitreißend. Die Übersetzung nennt er "gelungen". Strukturell überzeugt Krumeich, wie Jones in seiner Darstellung große Ereignisse des Jahres wie die Inflation und Hitlers Aufstieg mit mikrohistorischen Einzelheiten, etwa den Vergewaltigungen deutscher Frauen durch französisches und belgisches Militär, verbindet. Krumeich erfährt unter anderem, dass Bayern Hitlers Aufschwung hätte eindämmen können und welche psychologischen Folgen die Inflation hatte. Im finalen Kapitel fällt die Qualität des Buches laut Rezensent leider ab. Der Duktus wird "hastig", als habe der Autor schnell fertig werden müssen, vermutet Krumeich.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.05.2022

Rezensentin Stefanie Middendorf folgt Mark Jones bei seiner Erkundung des Jahres 1923 mit Hyperinflation, Ruhrkampf und Hitlerputsch und seiner Deutung als "Erfolgsjahr der deutschen Demokratie". Dass der Autor nicht zimperlich vorgeht und Gewaltexzesse schildert, muss der Leser laut Middendorf in Kauf nehmen. Dafür erhält er ein aus den Quellen schöpfendes, nach und nach sich entfaltendes "Kaleidoskop der Verwundungen", erklärt die Rezensentin. Wie der Autor nationale Erfahrungen mit globalen Bedingungen verknüpft, findet Middendorf überzeugend, weniger anregend erscheint ihr die Neigung der Darstellung zur Einfühlung in die Köpfe "großer Männer", weil dadurch größere Problemlagen unter den Tisch fallen, wie sie befürchtet. Eine Lektüreempfehlung mit Einschränkungen, meint sie.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de