Michael Donkor

Halt

Roman
Cover: Halt
Edition Nautilus, Hamburg 2019
ISBN 9783960541981
Gebunden, 320 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Marieke Heimburger und Patricia Klobusiczky. Ghana, 2002. Belinda kennt die Regeln. Sie weiß, wie man Wassergläser richtig poliert, wie man einhundert Stofftaschentücher wäscht und bügelt und den Deckel fest draufhält auf den Erinnerungen an das Dorf ihrer Kindheit, bevor sie als Hausmädchen nach Kumasi kam. Mary ist noch dabei, die Regeln zu lernen. Sie ist elf Jahre alt und kaum zu bändigen, sie ist Belindas Lehrling und die kleine Schwester, die diese nie hatte. Amma hat genug von Regeln. Eine Musterschülerin an ihrer exklusiven Londoner Privatschule, war sie immer stolz auf ihre ghanaischen Eltern. Bis jetzt. Als diese sehen, wie ihre ehemals so selbstbewusste Tochter immer mürrischer und verstockter wird, beschließen sie, dass die einfühlsame Belinda genau der gute Einfluss sein könnte, den Amma braucht. So wird Belinda aus Ghana nach London beordert, als Freundin einer feindseligen jungen Frau, die ihre Freundschaft nicht will. London ist für Belinda aufregend, aber auch befremdlich, und die regelmäßigen Telefonate mit Mary sind ihre tröstenden Fixpunkte. Nach einigen Monaten nähern sich Belinda und Amma einander dennoch an, in unerwarteter Komplizenschaft.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.02.2020

Um einen Coming-of-Age-Roman für weibliche Leser handle es sich bei Michael Donkors Roman "Halt" nicht, meint Rezensentin Claudia Kramatschek. Auch wenn der Eindruck entstehe - der Autor erzählt aus der Innenperspektive drei junger Heldinnen in London und ihrer Beziehung zur Heimat Ghana - gehe es viel mehr um "Suchbewegungen" und Identitätsfindung. Spannend findet Kramatschek, dass "Friktionen" innerhalb der afrikanischen Community beleuchtet werden: Spannungen zwischen einzelnen Ethnien, zwischen Reichtum und Armut, zwischen denen, die eine neue Heimat gefunden haben und Zurückgebliebenen. Ausgezeichnet gefallen hat Kramatschek dabei auch, wie Donkor kulturelle Vielschichtigkeit spielerisch mit "linguistischen Einfärbungen" darstellt, indem er die Unterschiede zwischen britischem und ghanaischem Englisch, Twi und jamaicanischem Patois markiert. Das multikulturelle London ist so gesehen eine "exzellente Bühne" für die Erzählung, erkennt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 23.01.2020

Rezensentin Birgit Koß bewundert Michael Donkor für seine Fähigkeit, aus weiblicher Perspektive von einem jungen ghanaischen Mädchen aus einfachen Verhältnissen zu erzählen, das zu einer Gastfamilie in London zieht und dort zur Schule geht. Wie der Autor in die Gefühlswelt seiner Protagonistin eintaucht, findet Koß stark. Plastisch vermittel Donkor ghanaische Werte und Normen, die Dialoge im Text sind lebhaft und die Sprache besticht durch eine Mischung aus Londoner Slang und Twi, erklärt Koß ihre Begeisterung. Den Übersetzerinnen Marieke Heimburger und Patricia Klobusiczky dankt sie für ihre "exzellente" Arbeit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 19.12.2019

Rezensent Hans von Trotha hat diesen Roman über das Coming-of-Age dreier ghanaischer Mädchen sehr gern gelesen. Geschickt bettet der ghanaisch-britische Autor Michael Donkor die drei in ihre Lebenswelten in London, Ghana und dazwischen ein, auch den sozialen Klassen wird er durch ihre jeweilige Sprache gerecht, lobt der Rezensent. Es geht um Identität, lesen wir, um Tradition und Familie, um Rassismus und Ungleichheit. Manchmal ist ihm das ein bisschen zu auserzählt, er sieht immer mal wieder das Handwerkzeug des Erzählers aufblitzen. Auch sind die Protagonistinnen in ihrer Weltsicht begrenzt (sie sind allerdings auch sehr jung, gibt er zu), aber es immmerhin gut genug, ihm schon Lust auf das nächste Buch Donkors zu machen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.11.2019

Insa Wilke tut sich schwer mit Michael Donkors "Halt". Zwar missfällt ihr das "Schreibschulartige" an dem Roman, und auch der Plot erscheint ihr etwas klischeehaft. Aber sie will ihn trotzdem nicht unter den Tische fallen lassen und empfiehlt ihn daher als Gelegenheit, afroeuropäische Perspektiven auszuprobieren. Interessant findet sie etwa die sprachliche Gestaltung der Geschichte um eine junge ghanaische Frau in London. Die unterschiedlichen Sprachschichten - Teenager-Slang, ghanaisches Englisch, britisches Englisch, und ein pastoral hoher Ton kommen in der Übersetzung von Patricia Klobusiczky und Marieke Heimburger laut Rezensentin zwar durchaus gewöhnungsbedüftig, aber konsequent rüber. Dass die deutsche Syntax im Vergleich zur englischen zum langsamen Lesen anhält, erscheint Wilke wiederum als Chance. Am Ende gibt sie dem Autor mit auf den Weg, dass Kritik eine Form des Ernstnehmens sei.
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