Natasha Radojcic

Halids Heimkehr

Roman
Cover: Halids Heimkehr
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827006202
Gebunden, 205 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Friederike Meltendorf. Als Halid, ein junger muslimischer Soldat, am Ende des Krieges in seine Heimat zurückkehrt, findet er nichts mehr vor, wie es einmal war. Zwar blieb das Dorf von den schlimmsten Verwüstungen verschont, doch hat sich jedes Zusammenleben von Grund auf geändert. Nachbarn sprechen kein Wort mehr miteinander, ethnisches Ressentiment drängt sich in jede Beziehung. Halid weicht vor dieser altvertrauten fremden Welt zurück. Ruhelos durchstreift er die Straßen, schaut durch die Fenster, beginnt in der Dorfkneipe zu zechen. Sogar seine Mutter meidet er. Doch dann begegnet er Mira, seiner Jugendliebe, die er Hals über Kopf verlassen hatte und die später seinen besten Freund heiratete. Er trifft eine Entscheidung, die ihn unausweichlich dem Hass und der Verachtung der zerrissenen Gemeinschaft aussetzt. Halids Heimkehr wurde in den USA mit Hemingways Fiesta und Garcia Marquez Chronik eines angekündigten Todes verglichen. In kraftvoll-präziser Sprache zeigt Natasha Radojcic die verheerenden Auswirkungen, die Krieg und Gewalt auf die menschliche Seele haben. Ein erschütterndes Porträt einer für immer veränderten Welt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.08.2007

Trotz "vielversprechender" Anlage und zunächst überzeugender Personencharakterisierung hinterlässt der Roman von Natasha Radojcic bei Helmut Böttiger Enttäuschung und einen gewissen Unwillen. Es geht um Halid, der nach fünf Jahre dauernder Abwesenheit in sein bosnisches Heimatdorf zurückkommt und dort alles verändert, vor allem die menschlichen Beziehungen zerrüttet vorfindet. Während Böttiger sich von der Anfangsszene, in der Halid nach Hause kommt, noch ganz in den Bann schlagen lässt und auch die verschiedenen Akteure - die Jugendliebe, den im Krieg umgekommenen Freund, die Mutter des Helden - für ihn Erzählpotenzial bieten, ärgert er sich zunehmend über die klischeebehafteten Wendungen im Geschehen. Weil der Roman allzu konstruiert ist, ist es kein Wunder, dass er am Ende auch auf Knalleffekt und Melodrama setzt, so der Rezensent enttäuscht, dem insbesondere die sentimentale Mutter-Sohn-Szene am Schluss des Buches übel aufstößt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.04.2007

Andreas Breitenstein ist von dem ersten Roman der in Belgrad geborenen und in New York wohnenden Autorin Natasha Radojcic deshalb so enttäuscht, weil ihm ihr zweiter Roman "Du musst nicht hier leben", der zuerst auf Deutsch vorlag, so gefallen hat. In ihrem Debüt beschreibt Radojcic die Rückkehr des Soldaten Halid in sein bosnisches Heimatdorf, berichtet der Rezensent. Schon die Gründe für die Rückkehr kommen Breitenstein etwas unmotiviert vor und ihm mangelt es insgesamt an psychologischer Plausibilität und "existentieller" Tiefe, wie er kritisiert. Desgleichen stört er sich an den ungelenken Dialogen, die zu seinem Bedauern die mitunter aufscheinende Dämonie der Schilderungen gleich wieder zunichte machten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2007

Ein beachtliches Debüt ist der bosnischstämmigen Amerikanerin mit "Halids Heimkehr" gelungen, meint Eberhard Falcke. Die Geschichte von dem bosnischen Kriegsheimkehrer, der mit vollen Taschen aber blutigen Händen nach fünf Jahren in sein zerstörtes Heimatdorf zurückkehrt, erreiche langsam aber stetig das "Format einer großen, fast archetypischen Tragödie". Trotz materieller Voraussetzungen gelingt es Halid nicht inmitten der sichtbaren wie unsichtbaren Verwüstungen, die genauso ihn wie seine gesamte Umwelt betreffen, ein neues Leben aufzubauen. Die Enttäuschung und Desillusionierung, der Hass und der Krieg in ihm sind nicht mehr rückgängig zu machen und so begibt er sich sehenden Auges in den Abgrund. Im Grunde sei es eine alte Geschichte, die Radojcic hier präsentiere, aber die Art wie sie erzählt werde, in ihrer zwischen schnörkellosem Realismus und Fantastik changierenden Sprache, sei so gelungen, "als läse man sie zum ersten Mal".