Nicholson Baker

Haus der Löcher

Roman
Cover: Haus der Löcher
Rowohlt Verlag, Reinbek 2011
ISBN 9783498006716
Gebunden, 320 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Eike Schönfeld. Das Haus der Löcher ist prickelnd erotisch: Wo sonst spielt Rimsky-Korsakov eine Symphonie direkt auf unserem sensiblen Oberschenkel? Wo treiben wir es, umsprungen von Bergzebras, auf luftigen Felsspitzen? Oder werden, sanft gebettet, durch eine Peniswaschanlage geschoben?
Was ist das Haus der Löcher für ein Ort? Nicholson Baker, der Spezialist für phantasiereiche Erotik, hat ihn entdeckt. Es ist ein Resort, küstennah, sonnenbeschienen, luxuriös, mit angeschlossenem Vergnügungspark, ein Ort, wie wir ihn uns erträumen, ein Ort, an dem unsere geheimsten sexuellen Wünsche erfüllt werden, sogar solche, die wir nie zu wünschen wagten. Und wie kommen wir hin? Na, so ähnlich wie Alice ins Wunderland: etwa durch das Loch im dritten Trockner von links im Waschsalon um die Ecke; durch das im Trinkhalm unseres Cocktails oder einfach, indem wir dieses Buch aufschlagen und kopfüber eintauchen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2012

Der Untertitel "Roman" kam erst in der deutschen, im übrigen sehr gelungen Übersetzung von Eike Schönfeld ins Spiel, bemerkt Rezensent Michael Schmitt, der mit diesem Rubrum auch wegen einer gewissen Zuspitzung zum Ende hin ganz gut leben kann, auch wenn es sich eher um eine "Reihung von Episoden" zu handeln scheint. In deren Mittelpunkt steht das titelgebende Haus der Löcher, zu dem man nur auf ungewöhnlichem Weg Zugang findet und wo der "Stimulation der Geschlechtsteile" zentrale Bedeutung beikommt. Die "überbordenden Geschichten", die sich darin zutragen, unterziehen nicht nur das Figurenensemble auf dem Weg zur Ekstase in einer "surreal übertriebenen Utopie gewalt- und angstfrei genossener Sexualität" einer ständigen Transformation, sie regen auch die Sprachkunst des Rezensenten an, der immer neue Bilder zur Beschreibung dieses "Bachtinischen Karnevals" findet. Vom ständigen mehrmehr einschlägiger Internetpornografie einerseits, vom Zeigegestus etwa einer Charlotte Roche andererseits will Schmitt dieses Buch aber unbedingt abgrenzen: Eher gehe es Nicholson Baker um die Wiederaufnahme des Projekt der sexuellen Befreiung und um die Entwicklung einer neuen, witzigen "Sprache der Lust", ein Vorhaben also, das der Rezensent damit eher in die Nähe von Giovanni Boccaccios mittelalterlicher Burleske "Decamerone" rückt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.01.2012

Dass Nicholson Baker mit seinem Versuch, einen schönen Porno zu schreiben, gescheitert ist, gehört noch zu den freundlicheren Verdikten, die Iris Radisch über "Das Haus der Löcher" fällt. Denn was die Rezensentin dem Autor wirklich übel nimmt, ist die erfolgreiche "Verkindergartung der Sexualität". Wie Baker das schafft? Zum einen mit all seinen versponnen, harmlos-humorigen Einfällen in Bezug auf seine Sex-Anlage, inklusive Penissaal, Genitaltransfer und Sex-Jetzt-Taste. Zum anderen mit dem motivierenden, politisch korrekten Umgangston, der sie an  Motivationssitzungen bei einem Mittelständler erinnert. Alle finden alle toll, fragen höflich um Erlaubnis und erteilen diese ("Jetzt darfst Du meine Brüste befühlen"). Man begegnet sich "auf Genitalhöhe", wie Radisch spottet. Total öde findet die Rezensentin aber, dass der Sex bei Baker so blumenkinderhaft ist, und in diesem Sexwunderland weder Gewalt noch Schmerz noch Leidenschaft eine Rolle spielen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.01.2012

Dem Autor als Kind und Schelm begegnet Ina Hartwig in diesem brandneuen Schmuddelbuch, pardon, Roman von Nicholson Baker. Wie schön! Hartwig freut sich einen Ast, weil keiner so gut wie Baker kindliche Logik mit den schmutzigen Fantasien der Erwachsenen zu kombinieren weiß. Gern lässt sie sich also vom Autor entführen ins reichlich surreale Haus der Löcher, in dem die Samenkandidaten vor Betreten des Stöhnzimmers in die Peniswaschanlage müssen, oder sie bezahlen mit einem Körperteil. Dessen gewahr, wie sehr Baker dennoch immer auch der Wirklichkeit kritisch auf die Finger schaut, graust es Hartwig mitunter doch. Wenn Baker zum Spaß die Guillotine wieder einführt, denkt sie an die Todeszellen in Bakers Heimatland, und den ganzen übrigen Schweinkram dieser originellen Pornoparodie denkt sie sich als Schlag ins Gesicht des oberprüden Amerikas.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.01.2012

Nur wenigen Autoren gelingt es, so exzellent über Sex zu schreiben wie Nicholson Baker, weiß Rezensentin Verena Lueken, die sich den "unverschämt dreckigen" Fantasien des Autors mit Genuss hingibt. Und so gerät sie in diesem surrealen Roman in ein "Haus der Löcher", wo ihr nicht nur Männer begegnen, die ihren rechten Arm für einen größeren Penis opfern, sondern jener Arm nach dem Tauschgeschäft auch ein Eigenleben führt, um andere Frauen zu verwöhnen. Der Kritikerin erscheint dies als "Schlaraffenland des Sex", das keinen Raum für schlechte Pornografie lasse - so müsse man hier etwa im Darkroom erst einmal eine "Arschkneiferlizenz" erwerben. Auch Bakers zahlreiche  - und von Eike Schönfeld hervorragend ins Deutsche übersetzte - Wortneuschöpfungen für das männliche Geschlechtsteil haben die Kritikerin bestens amüsiert. Abgesehen von wenigen Längen kann sie diesen "erregenden" Roman nur uneingeschränkt empfehlen.
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