Niklas Luhmann

Das Erziehungssystem der Gesellschaft

Cover: Das Erziehungssystem der Gesellschaft
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783518583203
Gebunden, 232 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Dieter Lenzen. Mit zahlreichen Faksimiles des Manuskripts. Der Nachlass des 1998 verstorbenen Soziologen und Systemtheoretikers Niklas Luhmann enthielt eine Reihe nahezu fertiggestellter Buchmanuskripte, darunter auch "Das Erziehungssystem der Gesellschaft". Es gehört in die Reihe von Abhandlungen, die sich unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft zuwenden, wie Wissenschaft, Recht, Kunst, Wirtschaft, Religion und Politik. Mit dieser Monografie liegt dieser zentrale Komplex von Luhmanns Werk nun vollständig vor. Der Text und revidiert teilweise "Reflexionsprobleme im Erziehungssystem". Luhmann versteht sein Buch als gesellschaftstheoretische (Wieder-) Beschreibung ("redescription") von Erziehung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.06.2002

Bei allem Erfolg, den die Systemtheorie - in Gestalt eines Bandes von Karl-Eberhard Schorr und Niklas Luhmann von 1979 - in den Erziehungswissenschaften hatte: ausgerechnet auf dem ureigenen Gebiet, der theoretischen Bewältigung des Feldes der Pädagogik hatte sie, behauptet jedenfalls der Rezensent Micha Brumlik, eklatante Defizite, kam mit der Anwesenheit des Menschen als Umwelt der Gesellschaft nie ganz zurecht. Umso spannender nun, erst einmal wenigstens, so Brumlik, dieser neue Band, der auf eine Anthropologie hinausläuft, von Seiten eines Autors, der den Menschen nie für einen Gegenstand seiner Theorie gehalten habe. Und umso größer dann die - gespielte - Enttäuschung: das zugrunde liegende empirische Material ist, wie Brumlik beklagt, veraltet, die pauschale Erklärung der Unmöglichkeit von Reformen schlicht falsch. Dieses Buch, so sein Fazit, kann vielleicht für momentane Irritation der Erziehungswissenschaften sorgen, weiterführend ist es seiner Meinung nach nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.06.2002

Was der Herausgeber verspricht, ist dieser Nachlass-Band nicht: die Summe von Luhmanns Soziologie der Erziehung. Krankheit und Tod kamen der endgültigen Ausarbeitung dazwischen - die intendierte Abweichung vom Band "Reflexionsprobleme im Erziehungssystem" (von 1979, mit Karl-Eberhard Schorr) bleibt angedeutet. Der Schwerpunkt sollte, so Jürgen Kaube, wohl von einer Soziologie der Institution zu einer der "Unterrichtssituation" verschoben werden. Bei aller pädagogischen, didaktischen Unterfütterung und Einhegung, letztlich geht es um die Bändigung der "in Zweierbänken oder Hufeisenform gruppierten Anarchie" (Kaube). Am glücklichsten ist, zwischen den Fronten, der Unterricht als situationsüberlassener, wenn die Programme der Didaktik im Moment flexibel gehandhabt oder auch mal vergessen werden. Genau das vom Rezensenten als zentral betrachtete Kapitel über das "Interaktionssystem Unterricht" aber ist am entschiedensten Fragment geblieben: so, bedauert Kaube, eben auch das ganze Buch.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.05.2002

Rezensent Detlef Horster findet im letzten Buch aus Niklas Luhmanns Nachlass eine "umfassende systemtheoretische Analyse des Erziehungssystems". Während Luhmann laut Horster in seinen früheren Schriften zur Erziehung vor allem die Paradoxien des Erziehungssystem und ihrer Organisationen unter die Lupe genommen hatte, fragt er nun nach der gesellschaftlichen Funktion von Erziehung. Wie der Rezensent detailliert ausführt, spielt das Subsystem "Erziehung" für Luhmann eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des gesellschaftlichen Gesamtsystem, indem es Menschen zu Personen sozialisiert, die in der Lage sind an sozialen Interaktionen teilzunehmen. Horster hebt hervor, dass Luhmanns distanzierter Blick es manch verzweifeltem Lehrer ermöglichen dürfte, "Abstand zu gewinnen und bisher Undurchsichtiges überhaupt erst einmal zu erblicken". Damit das gelingen kann, muss man nach Ansicht des Rezensenten allerdings erst einmal vorhandene Aversionen gegen die Systemtheorie überwinden, und sich durch das Buch "durchbeißen". Was in diesem Fall noch dadurch erschwert werde, dass das Buch im Gegensatz zu anderen Büchern aus dem Nachlass noch wenig ausgearbeitet sei und in recht vorläufiger Manuskriptform daherkomme.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de