Peter Handke, Nicolas Born: Die Hand auf dem Brief. Briefwechsel 1974 - 1979

Schreibhefte. Zeitschrift für Literatur, Nr. 65
Cover: Peter Handke, Nicolas Born: Die Hand auf dem Brief. Briefwechsel 1974 - 1979
Rigodon Verlag, Essen 2005
ISBN 9783924071219
Paperback, 208 Seiten, 10,50 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Norbert Wehr. Mit Texten von Nicolas Born, Daniil Charms, Peter Handke, Thomas Kling. Beiträge von John Ashbery, Marcel Beyer, Katharina Born, Franz Czernin, Josef Hofmann, Michael Mayröcker, Friederike Pastior, Marion Poschmann, Peter Urban, Peter Waterhouse.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.12.2005

Ein recht gerührter Gerrit Bartels benutzt diesen Briefwechsel (ein Auszug aus der anstehenden Gesamtedition der Briefe Borns) als Vehikel für eine Zeitreise in die seligen Siebziger. Es war die Zeit, als in der deutschen Literatur über die "neue Innerlichkeit" gestritten wurde, erinnert Bartels, und Handke und Born galten als zwei ihrer Protagonisten. Der Briefwechsel scheint die Atmosphäre dieser Jahre zu atmen, obwohl kaum politische Bezüge zu finden sind. Born war als Bewohner Lüchow-Dannenbergs in der Anti-Atom-Bewegung engagiert. Aber es werden kaum Anspielungen darauf gemacht. Eher sind Bartels Passagen über den damaligen Literaturbetrieb - beide hätten sich hier als Außenseiter gefühlt - und auch immer wieder gegenseitige Versicherungen der Wichtigkeit des anderen fürs eigene Leben und Werk aufgefallen. Handke war damals schon ein berühmter Autor, Born starb wenig später an Lungenkrebs. Beide sind Bartels durch die Lektüre "sympathisch nah" gekommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.10.2005

Ina Hartwig liest diesen "in vielerlei Hinsicht erstaunlichen" Briefwechsel zwischen Nicolas Born und Peter Handke als Zeugnis nicht nur einer "romantischen Männerfreundschaft im Kleid der siebziger Jahre", sondern vor allem der Freundschaft zwischen zwei Vätern. Sprachlich interessant findet sie den Niederschlag der "neuen Männlichkeit" nach den gesellschaftlichen Umstürzen 1968. Nicht nur die Umgangsformen von Mann und Frau hätten sich da geändert, sondern auch die Kommunikation der Männer untereinander, die zumindest in dem vorliegenden Beispiel "niemals protzend, niemals steif" daherkommt und die antiautoritäre Haltung sichtlich verinnerlicht habe. "Fast privatistisch" erscheint Hartwig der Stil, ohne nationalen oder hierarchischen Gestus. "Ein Hauch von Jungem Deutschland liegt in der Luft." Einige der Briefe zählt Hartwig zu den besten Überbleibseln der "Siebziger-Jahre-Selbstzweifel-Innerlichkeits-Literatur". Und auch die verschiedenen Charaktere der beiden Dichter werden laut Hartwig deutlich. Während der 1979 verstorbene Born immer zurückhaltend und "vorsichtig" bleibe, so stelle sich der immer bekannter werdende Handke schon als "in seiner Unsicherheit sehr sicher" dar.