Peter Stamm

In fremden Gärten

Erzählungen
Cover: In fremden Gärten
Arche Verlag, Zürich 2003
ISBN 9783716023174
Gebunden, 154 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Die Helden in Peter Stamms neuem Erzählband kommen aus den unterschiedlichsten Orten. Sie leben zu zweit, allein, haben eine Familie und Kinder - oder auch nicht. Manche sind jung, andere alt. Alle sind sie irgendwohin unterwegs, alle scheinen sie auf etwas zu warten. Auf einen Zug oder auf ein Schiff, auf eine Geste der Liebe oder einfach auf das Ende, wie die kranken Reisenden auf dem Weg nach Lourdes.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.01.2004

Geradezu süchtig ist Gerrit Bartels nach eigenem Bekunden nach diesen Geschichten geworden, die sich wunderbar in einem Rutsch lesen lassen. Die Menschen in ihnen führen ein unspektakuläres Leben, wie Bartels darstellt, über dem ein Grauschleier, aber auch eine Tragik liegen, die Peter Stamm mit "sparsamsten Charakterzeichnungen" und "kargen, schönen, Empathie erzeugenden Sätzen" hervorzurufen versteht, schwärmt Bartels. Doch ganz scheint Bartels seiner eigenen Begeisterung nicht zu trauen und fragt sich daher, ob Stamm den Banalitäten des Lebens nicht vielleicht zu viel Schönheit verleihe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.12.2003

Völlig begeistert ist Ulrich Rüdenauer von Peter Stamms Erzählkunst, weil es ihm gelungen sei, einen längst überkommen geglaubten Erzählstil, der sich an Ernest Hemingway und Raymond Carver orientiert, nicht nur gekonnt anzuwenden, sondern auch ins Heute zu übertragen und weiterzuentwickeln. Wie bei Carver befinde sich der Autor stets "auf Augenhöhe" mit den Figuren, resümiert Rüdenauer. Der Erzählstil sei äußerst knapp, lebe von Auslassungen und Andeutungen, charakterisiert der Rezensent Peter Stamms Schreiben, weil sich gerade im Ausgesparten ein Resonanzraum für Stimmungen, Ahnungen, Verschüttetes, ja für das Poetische öffne. Auch in Peter Stamms jüngsten Erzählungen passiert eigentlich nicht viel, gesteht Rüdenauer. Aber das Wenige, das passiert, klingt darum ungeheuer nach, betont er. Das Personal der Erzählungen wirke alterslos, auch wenn es oft um die dreißig, weltfremd und resigniert sei. Und wenn Stamms Protagonisten zweifeln, dann zweifeln sie leise, meint Rüdenauer, wenn etwas passiert, dann meist ein Unglück. Zugegeben, sagt Rüdenauer, die Erzählungen hätten eindeutig einen Zug ins Depressive, aber das eben auf ganz besondere Weise.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.10.2003

Für Andreas Isenschmid hat sich die Fähigkeit des Autors, die existentielle "Verlorenheit" seiner Protagonisten darzustellen, in seinem vierten Prosaband noch gesteigert. Er lobt die Schilderung der Figuren, in denen der Rezensent "Geistesverwandte" von Melancholikern wie Melvilles "Bartleby" oder Camus' "Fremden" erkennt, als gegenüber den früheren Erzählungen des Autors noch "subtiler" und zurückhaltender. Zwar besteht bei so fragiler Personenzeichnung immer die Gefahr, sie entweder zu "zerreden" oder allzu ungenau zu fassen, meint er, doch Stamm gelinge es im überwiegenden Teil der Geschichten, die Verlorenheit und Vereinzelung seiner Protagonisten deutlich zu machen. Dazu passt, wie Isenschmid findet, die äußerst karge, "auf Nötigste beschränkte" Sprache des Autors, der sich in diesen Texten auch als "Meister der sprachlichen Askese" erweist. Ein paar Erzählungen, wie "Fado" oder "Die ganze Nacht" kritisiert der Rezensent als gar zu "aufgesetzt lakonisch", doch zeigt er sich insgesamt sehr angetan von den "hoch aufgeladenen", aber "einsilbig" vorgetragenen Geschichten, deren verhaltener Sprachgestus und "diskret bedeutungshafte" Erzählweise ihn an Tschechow und Carver erinnern.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.09.2003

Ein wenig zwiespältig hat Rezensent Karl-Markus Gauß den Erzählband "In fremden Gärten" von Peter Stamm aufgenommen. Dass Stamm für seinen "verhaltenen Ton", seine "erzählerische Ökonomie", seinen "schmucklosen, sparsamen Stil" und seine "kunstvolle Unauffälligkeit der Gestaltung" gerühmt wurde, hält Gauß für vollkommen berechtigt. Zweifellos beherrsche Stamm "alte künstlerische Techniken" meisterhaft. Doch Stamms konsequenter Einsatz des Wetters als Kulisse für innere Dramen hat für Gauß auch etwas "merkwürdig Altväterisches". Am vorliegenden Band stört ihn vor allem, dass Stamm die verschiedenen Lebenssituationen seiner Protagonisten allesamt grau in grau darstellt: Mit dem trüben Wetter komme eine "gleichförmige Betrübnis" in diese Erzählungen, so Gauß, "in denen alle Figuren mit der Aura des Vergeblichen ausgestattet sind und im selben lapidaren Tonfall charakterisiert werden".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.09.2003

"Von allen Schwarzweißmalern ist Peter Stamm immerhin der feinste", konstatiert Rezensent Samuel Moser im ersten Abschnitt seiner Rezension und gibt damit bereits zu verstehen, dass ihm Peter Stamms Erzählungen von Menschen, die am Abgrund stehen, die weggehen, aber nie ankommen, die das Leben verpassen, nicht gefallen. Ihn ärgert die "Unangefochtenheit ihres Erzählers", der, wie es scheint, jedes Milieu beherrscht und dabei immer literarisch und politisch korrekt, aber auch etwas bieder bleibt, wie Moser findet. Stamms Sprache ist ihm offensichtlich zu glatt: "Die Sätze sind schön", gibt er zu, was er jedoch zu vermissen scheint, ist hin und wieder ein "widerborstiges Härchen". Immerhin stoße man in den Erzählungen auf verschiedene Arten von Humor, räumt Moser abschließend ein. Diese Passagen, entschädigen für manches, findet er.
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