Philipp Schönthaler

Survival in den 80er Jahren

Der dünne Pelz der Zivilisation
Cover: Survival in den 80er Jahren
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2016
ISBN 9783957571496
Gebunden, 279 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Angst vor dem Wettrüsten, Angst vor Waldsterben und Kernkraft, Angst vor wachsender sozialer Unsicherheit. Inmitten des von Untergangsstimmung und Zivilisationszweifeln beherrschten Klimas der 80er Jahre ließen sich Millionen verunsicherter Zeitgenossen von Reportagen und Ratgebern fesseln, in denen sich Überlebenspioniere nur mit Messer und Lendenschurz ausgestattet durch den Dschungel schlugen. Die verkümmerten Überlebensinstinkte sollten reaktiviert, Wohlstandsbürger für den Überlebenskampf in der vom Kollaps bedrohten urbanen Welt fit gemacht werden. Anhand des eigentümlichen Genres der Survival-Literatur spürt Philipp Schönthaler der bizarr-bedrohungsseligen Stimmung der 80er Jahre nach, die sich auch in Popkultur, Kino und Freizeittrends niederschlug.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.04.2016

Rezensent Oliver Pfohlmann schätzt den Überlebensratgeber von Philipp Schönthaler, weil dieser Fiktionen und Fantasmen des Genres auf erfrischend originelle Weise herausfiltert, wie er schreibt. Wenn der Autor Survival-Typen nach Jahrgängen klassifiziert, kann Pfohlmann was lernen, etwa warum der Einzelgänger und Leidüberwinder Rüdiger Nehberg gerade in der Thatcher-Ära reüssierte oder warum die Selbstversorgung seit der Finanzkrise wieder en vogue ist. Darüber hinaus findet Pfohlmann in Schönthalers Essay Seitenblicke auf die Romanlitertur und Reality-Shows.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.04.2016

Der Literaturwissenschaftler Philipp Schönthaler hat ein tolles Buch über die Survival-Bewegung der Achtziger geschrieben, in dem er auch auf Grundsätzliches und die Gegenwart schielt, lobt Ronald Düker. Tschernobyl und der drohende Atomkrieg erzeugten eine Kultur der Angst, in der sich die Menschen auf ihre individuelle Überlebensfähigkeit zurückgeworfen sahen,  die Nachbarn noch unter "Feindesverdacht" standen und   Pfadfinder-Fähigkeiten à la Rüdiger Nehberg  entsprechend Hochkonjunktur hatten, fasst der Rezensent zusammen. Das Buch untersucht ein Grundproblem einer politischen Gemeinschaft, die den Menschen als feindselige Natur betrachtet und sich zugleich in neoliberalen Selbstverwirklichungs-Fantasien ergeht, erklärt Düker. Schönthalers "Survival in den 80er Jahren" hätte sogar ein wirklich großes Buch werden können, hätte der Verlag ein paar seiner stilistischen und strukturellen Macken ausgebügelt, findet der Rezensent, der sich dennoch begeistert zeigt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.04.2016

Die 1980er-Jahre seien der Beginn der Outdoor-Welle gewesen, schreibt Holger Kreitling, und der Schriftsteller und Kulturwissenschaftler Philipp Schönthaler gehe diesem Phänomen auf den Grund. Vor allem der Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg stehe im Mittelpunkt des Buches, so Kreitling, außerdem lege der Autor überzeugend dar, "wie sich die Survivalszene aus linken Ideen und streng konservativen US-Utopisten heraus speist". Nach der jüngsten Finanzkrise kämen Handbücher zum Thema entweder aus der rechten Ecke oder sollten Managern bei ihrer Karriere helfen. Weniger gut gefällt dem Rezensenten an Schönthalers Buch die akademische Sprache. Der Autor theoretisiere und analysiere lieber, als anschaulich zu erzählen. "Er wühlt sich durch Handbücher und Sekundärliteratur wie seine Helden durch Schlamm und Unterholz", stellt Kreitling mit einigem Bedauern fest.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.03.2016

Schon über die Masse und Diversität des Forschungkorpus dieser Studie kann Rezensent Ulrich Gutmair nur staunen: Schönthaler bahne sich hier "mit der Machete des Kulturwissenschaftlers" einen Weg durch die Artefaktfülle der Kultur der 80er Jahre, analysiere Survivalhandbücher genauso wie etwa Rambo-Filme, Diskurszentren des Neoliberalismus und die Selbstverständnisse linksalternativer Milieus. Im Hinblick auf die Survival-Ideologie haben Reinhold Messner, Manager, Berufsrevolutionäre und deutsche Schriftsteller eben doch mehr miteinander zu tun, als man ersten Blickes vermuten könnte, so der Rezensent. Spannend wird die Studie dort, so der Kritiker, wo sie historische Unterschiede konturiere: Der erste Boom des Survivaldiskurs adressierte in den 80ern noch ein Milieu, das die Konfrontation mit der Angst suchte, um ihrer Herr zu werden, wohingegen der heutige zweite Boom sich an "echte Apokalyptiker" aus der tendenziell rechten Verschwörungstheorie-Szene richtete. Lediglich die biografische Komponente vermisst der Kritiker, den es zum Beispiel interessiert hätte, in welchem möglichen Zusammenhang das deutsche Survivaldenken der 80er mit den Kriegserfahrungen der Großelterngeneration stehen könnte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2016

Rezensent Tobias Sedlmaier begibt sich mit Philipp Schönthaler auf eine Survival-Tour durch die 80er-Jahre und wird dabei nicht nur bestens unterhalten, sondern lernt auch noch einiges dazu. Genaugenommen spürt Schönthaler dem Erscheinen einer Flutwelle von Handbüchern und Ratgebern für Extremsituationen und Katastrophen in der Bundesrepublik der 80er-Jahre nach, führt dabei mit zahlreichen Beispielen und großer Kenntnis die ideologischen Implikationen vor und stellt Aktivisten der Survival-Kultur wie Rüdiger Nehberg vor, informiert der Kritiker. Dass Schönthaler dabei gelegentlich den stringenten Erzählpfad verliert, verzeiht der Rezensent gern.
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