Rafael Reig

Überall Blut

Roman
Cover: Überall Blut
Rogner und Bernhard Verlag, Hamburg 2003
ISBN 9783807701424
Gebunden, 221 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Susanna Mende. Madrid, irgendwann in der Zukunft: Der Wahlsieg der Kommunisten hat eine Invasion der Amerikaner zur Folge, Englisch wird Pflichtsprache, und Telefonica finanziert illegale genetische Experimente. Die Ölreserven sind erschöpft, ein großer Kanal führt quer durch die iberische Halbinsel und strömt durch die Hauptstadt. Auf der Castellana fahren Schiffe, aus Bahnhöfen sind Häfen geworden. In diesem Madrid sucht ein Vater die davongelaufene Tochter und will die Polizei nicht einschalten, ein Angestellter der Stadtverwaltung verdächtigt seine Frau der Untreue, und eine Romanfigur erwacht zum Leben, entkommt ihrem Autor und taucht in der Stadt unter. Das sind drei schwierige Fälle für Carlos Clot, einen melancholischen Detektiv in der Tradition eines Sam Spade, der Schach spielt und den Whiskey im Aktenschrank aufbewahrt. Bald sieht Clot sich einer mächtigen und geheimnisvollen Verschwörung gegenüber.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.05.2004

Man hat sich ja daran gewöhnt, räumt Peter Henning sofort ein, dass postmoderne Autoren der Kriminalliteratur manch merkwürdigen Zusatz beimischen. So etwas wie Rafael Reig jedoch dürfte auch der abgebrühteste Kenner dieser Entwicklungen noch nicht erlebt haben. Der nämlich mixe unter die Hard-Boiled-Klischees, denen sein Held Carlos Clot entsprungen ist, allerlei Artfremdes: "Western, Science-Fiction, Superhelden-Comic, Literatursatire, Porno". Das klingt verrückt, aber es gelingt. Findet jedenfalls der Rezensent, der das Talent des Autors bewundert, aus dem Durcheinander, in das so nebenbei noch drei Fälle und jede Menge Verschwörungen gerührt sind, einen spannenden Roman zusammenzufügen. Das Resultat ist "eine temporeiche literarische Kuriosität ersten Ranges".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2003

Die Frage, ob "Überall Blut" nun ein frühes Produkt der Postpostmoderne darstellt, möchte Hardy Reich lieber späteren Literaturkritikern überlassen. Ihm reicht die Feststellung, dass es sich bei diesem Roman um ein intelligent geschriebenes und unterhaltsames Buch handelt, das man, wie er sagt, nicht ernster nehmen sollte als es sich selbst. Denn "Überall Blut" weiß sich des postmodernen Habitus des Zitaten- und Stilmixes auf parodistische Weise zu bedienen, erklärt Reich, ein Mix, der Detektivroman, Literaturbetriebssatire, Politthriller und Science Fiction zusammenbringt, literarische Bezüge zur Hochkultur ebenso ernst nimmt wie die Mythen der Popkultur. Im Mittelpunkt des Romans steht ein Privatdetektiv, der sich auf das Verschwinden literarischer Figuren aus Romanmanuskripten spezialisiert hat. Seine Detektei betreibt er in einem futuristischen Madrid, das von den Amerikanern und ominösen Genkonzernen beherrscht wird. Die politischen, gar antiamerikanischen Elemente des Romans dienten mehr zur Illustrierung der Geschichte, erklärt Reich, zu seiner Erleichterung gingen sie in der alles einbindenden Ironie des Autors auf.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.11.2003

In seinem Roman "Überall Blut", so Rezensent Frank Schäfer, betätigt sich der spanische Romancier Rafael Reig als Leichenfledderer sämtlicher Trivialgenres: Science-Fiction, Western, Superhelden-Comic, Porno und vieles mehr. Und wer so postmodern agiert, dem kann man wohl kaum vorwerfen, dass seine "Fiktionsklitterungen" sich nicht zu einem "homogenen Roman" fügen, natürlich nicht, meint der Rezensent. Doch so richtig schlau wird man aus Schäfers Besprechung nicht. Denn gerade noch klangen Beschreibungen wie "virtuose Persiflage der Barockmoderne" oder "ziemlich ausgekochter, manchmal etwas wirrköpfiger und surrealistischer Trash-Bastard" wie ein Lob, gerade noch schwärmt er davon, wie Reig "zwei ethische Positionen in Gestalt zweier Archetypen der Populärkultur gegeneinander antreten lässt", als sein Held Carlos Clot sich entscheiden muss, ob er seine Tochter rettet oder die Welt, da nimmt das Lob ein jähes Ende: Dieses "literarische Vexierspiel" kommt ihm zu "intertextuell" und emotionslos daher.