Richard Wrangham

Die Zähmung des Menschen

Warum Gewalt uns friedlicher gemacht hat. Eine neue Geschichte der Menschwerdung
Cover: Die Zähmung des Menschen
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2019
ISBN 9783421047533
Gebunden, 496 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Die Erfindung der Todesstrafe hat uns zum Menschen gemacht - das ist die aufsehenerregende Theorie des Harvard-Anthropologen und Schimpansenforschers Richard Wrangham. Demnach zähmten sich unsere Vorfahren selbst, indem sie dafür sorgten, dass nur noch diejenigen Gruppenmitglieder sich fortpflanzen konnten, die sozial eingestellt waren. Aggressives Verhalten wurde mit dem Tod bestraft und dadurch aus dem Genpool entfernt. Anhand zahlreicher anthropologischer Studien und seinen eigenen Beobachtungen an Menschenaffen und indigenen Völkern zeigt Wrangham, wie wir im Laufe der Evolution durch die Anwendung tödlicher Gewalt zu den zivilisierten Wesen wurden, die wir heute sind. Er führt uns auch vor Augen, dass diese Entwicklung zugleich den Grundstein für unsere schlimmsten Gräueltaten gelegt hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.02.2020

Rezensent Thomas Speckmann legt zunächst viele Fakten vor, die gegen die im Titel verkündete These spricht, dass der Mensch durch Gewalt, gar Kriege, friedlicher geworden sei. Aber Richard Wrangham kommt aus der Primatenforschung, so teilt er uns dann mit, und sein Blick von dort aus legt offenbar nahe, dass die Menschen als Gattung ihre Aggressionen vergleichsweise gut beherrscht und eingebunden haben. Es habe sich sogar seit 300 000 Jahren ein "Domestizierungssyndrom" entwickelt, das dafür sorge, dass sich dominante Männer erfolgreicher fortpflanzen, wenn sie sich selbst zivilisieren. Nicht zuletzt die Todesstrafe, habe zu dieser Zivilisierung beigetragen, behauptet Wrangham. Der kenntnisreiche Kritiker möchte das offenbar bezweifeln, weist dann aber den Autor und uns auf die Bielefelder Soziologin Barbara Kuchler hin, die einen wichtigen Schwenk in der Geschichtsschreibung herausgearbeitet habe - nämlich vom Blickwinkel der Tätern zu dem der Opfer von Kriegen. Tatsächlich könne, wer ihre Blickrichtung einnehme, am Ende doch noch von einer zivilisierenden Kraft von Gewalt und Krieg sprechen - indem beides als unbedingt zu verhindern aufgefasst werde.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 04.10.2019

Richard Wranghams neues Buch über die Geschichte der Gewalt liefert zwar auch interessantes Neues, aber die Argumentation ist teilweise fragwürdig, meint Rezensent Volkart Wildermuth. Der Autor vertritt in seinem Buch die These, dass gerade Gewalt die Menschen friedlicher gemacht habe, und versucht so, eine Brücke zwischen den konträren Menschenbildern von Hobbes und Rousseau zu schlagen, erklärt der Rezensent. Am interessantesten findet er es, wenn der Autor auf die Ursprünge der Menschheit und die Jäger- und Sammlergemeinschaften zu sprechen kommt. Hier lernt Wildermuth viel Neues dazu. Die Argumentation für eine evolutionäre Erklärung menschlicher Gewalt findet er jedoch zunehmend "brüchig", je näher Wrangham der Gegenwart kommt. Am Ende müsse jeder selbst entscheiden, wie weit er Wrangham folgen will, schließt er.