Sibylle Berg

Das Unerfreuliche zuerst

Herrengeschichten
Cover: Das Unerfreuliche zuerst
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2001
ISBN 9783462030372
Paperback, 168 Seiten, 9,15 EUR

Klappentext

Sibylle Berg ist wieder da. Als wäre sie nie fort gewesen. Und war sie auch nicht. Sie war nur in der Fremde: bei Männern. Dort hat sie viel gesehen, erlebt, gelernt. Und das teilt sie, wie es ihre Art ist, großzügig mit ihren Lesern. Zum Teil großzügiger als nötig vielleicht: Denn diese Kurzgeschichten, Szenen, Momentaufnahmen sind so spaßig wie die Wahrheit. Also eher gar nicht. Gut, dass man wenigstens drüber lachen kann.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.02.2002

Rezensent Klaus Harpprecht ist einfach begeistert! Er spricht von einer "literarischen Häutung" der Schriftstellerin, die "immer schon schreiben konnte, wenn sie wollte", mit diesen Herrengeschichten aber nun die früheren "schrillen, peitschenknallenden" Momente ihrer Literatur gegen die "Melancholie" eingetauscht habe. Harpprecht ist sich sicher, dass dieser Wandel nicht bloß "flüchtiges Experiment" ist, sondern dass die Autorin in der Art eines schöpferischen Selbstfindungsprozess "nun bei sich angekommen" ist. Dass die Protagonisten von Sibylle Berg diesmal Männer sind, versteht Klaus Harpprecht schon als geschickte "Tarnung" eben dieses Wandels, den er klar als "zweites Debüt" der Künstlerin bezeichnet, um so vieles stärker und bedeutungsvoller wirkt der zurückhaltendere Ton des Buches auf ihn.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.11.2001

Als Flop auf der ganzen Linie empfindet Jochen Zwick Sibylle Bergs "Herrengeschichten". Anstelle einer Darstellung des Herren der alten Schule, die er erwartet, werde hier ein "Panoptikum von Tölpeln und Besessenen" vorgeführt, wobei die Autorin, wie Zwick feststellt, keinen Typus auslasse. Wenn man über diese erste Enttäuschung noch hinwegkommen könne, so verzeiht der Rezensent der Autorin die folgenden Schwächen des Erzählbandes nicht: Zwick entlarvt die unterschiedlichen Exemplare männlicher Schwächen als reine Kunstprodukte der Autorin, und diese könne sich zu allem Überfluss auch nicht mit Deutungen zurückhalten. Die sprachliche Gestaltung findet Zwick ebenfalls nicht besonders anregend, woran einige "schöne, überraschende und dabei auch riskante Bilder" nichts ändern würden.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2001

Eva Behrendt ist ein großer Fan der Autorin und Kolumnistin Sibylle Berg, das ist deutlich zu spüren. Sie schätzt ihren mitleidlosen Blick auf sich und die Welt, ihren "allen Abgründen aufgeschlossenen Exhibitionismus". In ihrem neuen Buch geht es um den "Männerblick auf jene trostlose Landschaft, die in der Berg-Welt Leben heißt." "Herrengeschichten" nennt sie das Ganze, und nach Behrendts Meinung wählt Berg für dieses Projekt durchaus einen moralischen Blickwinkel. Trotzdem porträtiere sie den Mann als Täter im Grunde als Opfer: "des Testosterons, der Geschichte, des Kapitalismus, seines Milieus". Die Erzählperspektiven, die Berg für ihre fiktionalen Berichte wähle, seien "Tagebuchaufzeichnungen und Bekennerschreiben, von einer scheinbar neutralen Erzählerdistanz erbarmungslos beobachtet". Bergs Mitleidlosigkeit und Ehrlichkeit, die sich nicht nach jeder Aussage einschuldigen will, findet Eva Behrendt einfach großartig.