Siri Hustvedt

Die zitternde Frau

Eine Geschichte meiner Nerven
Cover: Die zitternde Frau
Rowohlt Verlag, Reinbek 2010
ISBN 9783498030025
Gebunden, 236 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Uli Aumüller und Grete Osterwald. Dies ist die Geschichte einer mysteriösen "Störung" und derjenigen, die von ihr befallen wurde: die bekannte New Yorker Schriftstellerin Siri Hustvedt. 2003 starb ihr Vater, ein Universitätsprofessor. Fast drei Jahre später hält Hustvedt eine Gedenkrede auf ihn an seiner Alma Mater. Mitten in ihrer Ansprache befällt sie ein unkontrollierbares Zittern. Sie steht die Rede durch und wundert sich: Bühnenangst hatte sie vorher nie. Kurz darauf, bei einem Uni-Vortrag über ihre Schreibkurse für psychisch Kranke, wiederholt sich das Ereignis. Diesmal kann sie es nicht vor ihrem Publikum verbergen. Weder die Mediziner noch die Psychiater kommen zu einer aussagekräftigeren Diagnose als "Es müssen die Nerven sein". Hustvedt stellt fest, dass es klare Gesetze von Ursache und Wirkung im komplexen Wechselspiel von Geist, Psyche und Körper nicht gibt oder dass wir sie nicht kennen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.08.2010

Enttäuscht zeigt sich Stefana Sabin von Siri Hustvedts "Zitternder Frau". Darin beschreibt Hustvedt, wie sie während der Trauerrede für ihren Vater einen unerklärlichen Zitteranfall bekommt und sich anschließend an einer Selbstdiagnose versucht. Hustvedt gelinge es zwar, Spannung aufzubauen, indem sie die Suche nach den Ursachen ihrer Krankheit - einem immer wiederkehrenden Zittern - mystifiziert. Doch die daran anknüpfende, minutiöse Wiedergabe wissenschaftlicher und philosophischer Erkenntnisse zu diesem Symptom erinnert die Rezensentin doch sehr an eine universitäre Seminarbeit. Auch Hustvedts Lösung, das Zittern in ihr Selbstbild zu integrieren, überzeugt Sabin nicht. Die Aufwertung der Krankheit zum Persönlichkeitsmerkmal sei keineswegs eine adäquate Schlussfolgerung aus einer intensiven Erkenntnissuche zur eigenen körperlichen Verfassung.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.02.2010

Wenn man Wiebke Porombka glaubt, so beherrscht Siri Hustvedt die Fähigkeit zur Selbstinszenierung perfekt. Denn in ihrem neuen Buch "Die zitternde Frau" betreibe die mit Paul Auster verheiratete New Yorker "Vorzeigeschriftstellerin" alles andere als eine Selbstdemontage. Wie Porombka berichtet, war ein Zitteranfall, den Hustvedt erlitt, während sie eine Rede zu Ehren ihres verstorbenen Vaters hielt, der Auslöser für die literarische Aufarbeitung ihres Lebens. Von wiederkehrenden Anfällen geplagt, beschäftigt sich die Schriftstellerin in ihrem Buch mit Psychoanalyse, Neurologie und dem Verhältnis zu ihrem verstorbenen Vater und ihrem eigenen Schreiben, wie die recht reservierte, aber nie explizite Rezensentin schreibt. Ihrer Meinung nach reiht sich Hustvedt in die Riege der hysteriegeplagten "ungeheuer sensibel auf ihre Umwelt reagierenden" Autorinnen einzuordnen und sich eine geheimnisvolle Aura zuzulegen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.01.2010

Was für ein Buch! Mit Hochspannung folgt Elisabeth von Thadden folgt dieser Selbsterkundung, mit der Siri Hustvedt ihrer Beschreibung zufolge sich auf die Spur eines geheimnisvollen körperlichen Syndroms wie zugleich der Medizingeschichte begeben hat. Hochkonzentriert, schreibt Thadden, entwickele diese Autorin ihre Motive. Kein falsches Wort, keine Behelligung des Lesers mit Privaten oder Belehrungen. Und auch kein Klischee von männlicher Wissenschaft, wenn Hustvedt beispielsweise die Regionen der Freud'schen Psychoanalyse und der Hysterie erreiche. Stattdessen "entweibliche" sie diese im 19. Jahrhundert allein Frauen zugeordnete Symptomatik, in dem sie auch Männer beschreibe, die beispielsweise Kriegstraumata in körperliche Symptome verwandelt hätten. Enormes Wissen aber auch der radikale Willen, Subjekt und nicht Objekt der Auseinandersetzung zu sein, machen das Buch für die Kritikerin zu einer ebenso informativen Lektüre wie einem literarischen Ereignis. Literatur, zitiert sie die Autorin, könne manchmal eben mehr wissen, als all das Erforschte zusammen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.01.2010

Ein klein bisschen Blauäugigkeit ist schon dabei, findet Kristina Maidt-Zinke, die im neuen Buch von Siri Hustvedt weder gebildete Hypochonder mit Hang zum Boulevard noch wahre Kenner des neuromedizinischen Diskurses auf ihre Kosten kommen sieht. Hustvedt hat nämlich kein Enthüllungsbuch über ihren eigenen immerhin als Ausgangspunkt dieses Essays fungierenden Nervenhaushalt geschrieben. Wirklich enttäuscht aber scheint die Rezensentin darüber zu sein, dass die Recherche der Autorin in Sachen Hirnforschung und Neurobiologie, u.a. bei Freud, Lacan, Husserl und gar Tolstoi so unergiebig, ja "irrlichternd" bleibt. Originell, findet Maidt-Zinke, ist das alles nicht.
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