Stewart O'Nan

Henry persönlich

Roman
Cover: Henry persönlich
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2019
ISBN 9783498001216
Gebunden, 480 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Thomas Gunkel. Seit fast fünfzig Jahren ist Henry Maxwell verheiratet - mit Emily, die wir schon aus Stewart O'Nans  Bestseller "Emily, allein" kennen. Da ist sie achtzig und schon Jahre verwitwet, führt in ihrem schönen, überschaubaren Routine-Universum ein ziemlich gleichförmiges Leben, allein mit Rufus, ihrem Hund. Nun hat O'Nan die Zeit zurückgedreht und Henry, dem Ehemann, ein eigenes Buch gewidmet, vielmehr ihm und Emily als Ehepaar. Die beiden leben in Pittsburgh, und ihre Kinder und Enkel sind weit entfernt. Emily kocht, und Henry macht den Abwasch, sie hält die Kontakte zu Nachbarn und Familie, und wenn sie ihm davon erzählt, hört er ihr immer gerne zu. Er steht an seiner Werkbank und repariert, was im Haus kaputt geht, trifft sich mit Freunden zum Golfen, engagiert sich im Kirchenvorstand und lädt - zu besonderen Anlässen - Emily zu Restaurantbesuchen ein. Ein mit viel Puderzucker bestreuter Zitronenkuchen macht ihn glücklich, erfüllt ihn mit Wohlwollen gegenüber der ganzen Welt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.01.2020

Rezensent Jürgen Brôcan findet das "Gespür für die Nuancen" von Stewart O'Nan fast unheimlich. Mit Präzision und Feingefühl gelinge es dem Autor in seinem neuen Roman "Henry persönlich", Teil einer Trilogie um eine amerikanische Familie, das alltägliche Leben des amerikanischen Mittelstands zu bebildern. Die Figur Henry, die in den ersten Romanen - "Abschied von Chautauqua" und "Emily, allein" - ein "Schattendasein" führte, wird im dritten Roman als Repräsentant der "Großväter-Generation" in den Blick genommen. O'Nan sagte der NZZ in einem Interview, dass Henry ein Beispiel dafür sei, wie Trivialitäten im Alter Überhand nehmen und den Menschen bestimmen, gibt Brôcan wieder. Dem Rezensenten gefällt vor allem das sympathisierende, jedoch "keinesfalls unkritische" Figurenporträt, das O'Nan zeichnet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.11.2019

Rezensentin Ursula März erkennt in Stewart O'Nans an frühere Bücher des Autors anschließender Geschichte um einen amerikanischen Familienvater, der Thanksgiving erstmals alleine vorbereiten muss, eine politische Metapher. Darin steht die Harmonie des Festes für die Tradition und die jahrhundertealte Demokratie, und die wieder ist stärker als das Individuum, meint März, sogar stärker als ein Donald Trump im Weißen Haus. Wie der Autor den Alltag seines Pantoffelhelden verfolgt, ruhig und gelassen, scheint ihr liebens- und lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 22.10.2019

Rezensentin Gabriele von Arnim erinnert sich nur zu gern an Stewart O'Nans Roman "Emily, allein" über das Leben einer achtzigjährigen Witwe. Entsprechend erfreut ist die Kritikerin, dass ihr der Autor nun die Vorgeschichte erzählt, in der Emilys Mann noch lebt, die Kinder aber schon aus dem Haus sind und die beiden ihr Rentnerdasein mit Kreuzworträtseln, Enkelbesuchen und Kirchenbasar verbringen. Wie O'Nan daraus das "Porträt eines alten Mannes" webt, fragil und "filigran", findet die Rezensentin bemerkenswert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.10.2019

Dieser Roman ist der dritte Teil von Stewart O'Nans Projekt über die Familie Maxwell, deren Mittelschichtsleben ins Rutschen gerät, erklärt der Rezensent Christoph Schröder. Dem Ehepaar Henry und Emily geht es finanziell gut, aber das Alter macht sich immer deutlicher bemerkbar und ihre Kinder sind nicht allzu erfolgreich, so der Kritiker. Henry, dem dieser Band gewidmet ist, ist laut Schröder eine durchaus ambivalente Figur, sympathisch, aber auch eigen. Der Leser folge ihm über ein ganzes Jahr hinweg und lerne dabei sein Leben vor allem anhand von symbolträchtigen Kleinigkeiten kennen. Wer sich entschleunigen lässt, findet mit diesem Buch Eintritt in einen anrührenden, niemals kitschigen Mikrokosmos, der von einer selbstverständlich gewordenen, aber nicht abgenutzten Liebe und der Ohnmacht des Protagonisten geprägt ist, sich gegen das Altern zu stemmen, versichert der berührte Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.10.2019

Rezensentin Rose-Maria Gropp gibt zu, dass Stewart O'Nan mit seiner Figur einen weißen alten Durchschnittshelden in die Welt setzt, der die Leserin nicht eben nervös macht. Anschließend an seinen Roman "Abschied von Chautauqua" von 2002 beschreibt der Autor diesen Henry Maxwell aber nicht nur, wie Gropp vermerkt, sondern lässt ihn sich verselbständigen, sodass seine Kindheitserinnerungen für Gropp ganz unmittelbar erscheinen. Henrys unspektakuläres Dasein und seinen Rückzug ins Private nimmt die Rezensentin als Schicksal einer ganzen Generation, der sogenannten "Greatest Generation". Dass sie ihm überhaupt folgt, kann sie sich nur mit O'Nans "ergreifender" Erzählkunst erklären und seiner dezenten Komik.
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