Theresia Enzensberger

Auf See

Roman
Cover: Auf See
Carl Hanser Verlag, München 2022
ISBN 9783446273979
Gebunden, 272 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Yada wächst als Bürgerin einer schwimmenden Stadt in der Ostsee auf. Ihr Vater, ein libertärer Tech-Unternehmer, hat die Seestatt als Rettung vor dem Chaos entworfen, in dem die übrige Welt versinkt. In den Jahren seit ihrer Gründung ist der Glanz vergangen, Algen und Moos überwuchern die einst spiegelnden Flächen. Yadas Vater fürchtet, sie könne das Schicksal ihrer Mutter ereilen, die vor ihrem Tod an einer rätselhaften Krankheit litt. Und Yada macht eines Tages eine Entdeckung, die alles ins Wanken bringt. Theresia Enzensbergers Roman erzählt von den utopischen Versprechen neuer Gemeinschaften und dem Glück im Angesicht des Untergangs.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.08.2022

Rezensentin Marlen Hobrack liest interessiert Theresia Enzensbergers "Auf See". Die Autorin erzählt darin auf drei Erzählebenen von der utopischen Seestatt, einem vermeintlichen Zufluchtsort, der sich als von der verschollenen Helena gegründete dystopische Sekte herausstellt, und von der Sektenführertochter namens Yada, die aus der Ich-Erzählperspektive von einer entstehenden Rebellion und von dem Rätsel um ihre verstorbene Mutter berichtet, erklärt Hobrack. Die Rezensentin erkennt die Kritik am Neoliberalismus deutlich, merkt aber an, dass die Thematik und der damit einhergehende dystopische Grusel nicht neu sind. Die erzählerische Distanz und die "Verquickung der Elemente" findet sie hingegen gelungen und originell. Nur dem Leser müsste Enzensberger mehr vertrauen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 26.08.2022

Ein Plädoyer für "weibliche Zukunftsentwürfe" entnimmt Rezensentin Wiebke Porombka dem neuen Roman von Theresia Enzensberger. Denn die männlichen Utopien der Vergangenheit und Gegenwart verwandeln sich allzu leicht in Dystopien, wie Enzensberger zeige. Dass all die idealistischen Visionen, die sie in ihrem Roman versammelt - die fiktiven wie die realen - von Männern realisiert und gleichzeitig in dieser Realisierung zum Scheitern gebracht werden, kann schließlich kein Zufall sein, glaubt Porombka. Einen Gegenentwurf zu jenen zum Scheitern verurteilten Utopien, bietet die Autorin nicht an. Doch gerade darin sieht die Rezensentin eine besondere Stärke dieses nüchternen und doch engagierten Romans. Statt fiktive Wohlfühloasen zu schaffen, in denen sich die Leserinnen und Leser auf schönen Ideen ausruhen können, weckt Enzensberger den dringenden Wunsch nach alternativen Zukunftsentwürfen und weist ihre Leserinnen gleichzeitig auf die Potenziale dessen hin, was direkt vor ihnen liegt, so die überzeugte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 18.08.2022

Rezensent Thomas E. Schmidt könnte sich Theresia Enzensbergers zweiten Roman gut als Jugendbuch vorstellen. Seine "essayistisch-erzählerische Zwittersprache", die auf die Vermittlung einer eindeutigen Botschaft aus ist, geht ihm selbst allerdings auf die Nerven. Dass die Geschichte zweier mit männlichem Fortschritts- und Konstruktionswahn konfrontierter junger Frauen stellenweise wie ein Sachbuch klingt und seine aufklärerischen Thesen vor allem in Klischees verpackt und vermittelt, macht die Sache für den Rezensenten auch nicht angenehmer, den Text kaum zugänglicher. Dem Buch fehlen eindeutig Psychologie, Komplexität und Figuren mit Eigenleben, kritisiert Schmidt.