Tobias Wolff

Alte Schule

Roman
Cover: Alte Schule
Berlin Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783827005274
Gebunden, 252 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Frank Heibert. Ein Siebzehnjähriger wächst in einem der besten Internate der Ostküste Amerikas heran. In dieser Schule gilt Herkunft, Leistung und Haltung - aber der Erzähler kommt aus einer jüdischen Familie, und hier ist er ein Außenseiter. Dies ist das Amerika von 1960, das Amerika, in dem John F. Kennedy gerade Präsident geworden ist. Die Jungen des Internats sind den Idealen ihrer Schule verpflichtet, aber trotzdem herrscht hier das Gesetz der Klasse. Die Söhne aus reichen Familien verraten sich nicht nur durch die Kleidung, sondern auch durch ihre gesellschaftliche Routine und durch die Selbstsicherheit, mit der sie auf den Platz in der Gesellschaft zusteuern, der ihnen durch ihre Geburt zukommt. Nichts davon trifft auf den Erzähler zu, der nur in einer Hinsicht mit ihnen wetteifern kann - in dem besonderen Snobismus literarischer Kultur. Die Helden dieser Jungen sind Schriftsteller: Fitzgerald, Cummings, Kerouac.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.11.2005

Rezensent H.G. Pflaum kann sich für Tobias Wolffs autobiografischen Roman "Alte Schule" trotz guter Momente nicht so wirklich erwärmen. Wolff erzählt von elitären Jungdichtern im Amerika der sechziger Jahre: sein Ich-Erzähler gewinnt den alljährlichen Schreibwettbewerb seines Internats und erhält eine Audienz bei Hemingway, wird dann aber als Plagiator überführt und von der Schule verwiesen. Gefallen hat Pflaum die Ironie, mit der Wolff von den "scheiternden literarischen Inzest-Versuchen, Irrwegen und unfreiwilligen Parodien" erzählt. Weniger haben ihn dagegen die Figurenzeichnung und die Geschichte überzeugt. Die Figuren, deren Probleme sich auf ihre literarischen Ambitionen beschränken, findet "blass" und die Geschichte scheint sich ihm "aus einer fernen, längst schwindenden Erinnerung zu nähren". Ein großes Manko sieht er im fehlenden Zeitkolorit: in "Alte Schule" gebe es keine Kuba-Krise und keinen Martin Luther King, keine Anfänge der sexuellen Revolution, kein Aufkommen der Hippie-Bewegung, keine Zweifel an Autoritäten und keine Protestbewegungen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.07.2005

Voller Begeisterung berichtet Jürgen Brôcan über den neuen Roman von Tobias Wolff, bei dem der Leser anfangs den Eindruck bekommt, es handele sich um eine Art Fortsetzung der Erinnerungen aus dem Roman "This Boy?s Life", wessen er sich dann aber durch "mehrfache Brechungen" durch den Autor doch nicht mehr sicher sein kann. Vor dem Hintergrund eines Eliteinternats mit seinen Literaturwettbewerben, dem Scheitern des Protagonisten in diesem Umfeld und seinen literarischen Aufstieg über Umwege würde die Interdependenz von Literatur und Leben "auf ebenso charmante wie kluge Weise" illustriert, lobt Brocan, ohne dass die Autorin dabei in eine bösartige Abrechnung oder eine nachträgliche Verklärung abgleitet. Präsentiert wird das Ganze stilistisch auf höchstem Niveau - der Rezensent ist verzückt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2005

Wahrscheinlich wird der Name von Tobias Wolff auch nach diesem "brillanten Entwicklungsroman" nur dem Kenner der kleinen amerikanischen Form ein Begriff sein, seufzt Peter Henning. Dabei sei Wolff keineswegs der "Prosarentner", als der er angesichts der jungen Konkurrenz wie Kevin Canty oder Ethan Canin erscheinen könnte. Wolff habe die "psychologische Feinzeichnung" von Andre Dubus oder Richard Ford nicht nur übernommen, sondern "verfeinert und zu einem makellosen, eigenständigen Ganzen amalgamiert". "Alte Schule" nimmt die Geschichte des verfilmten Romans "This Boys Life" wieder auf, der Protagonist und Jungschriftsteller ist nun in einem literarischen Elite-Internat und zerbricht an dem Druck, sich gegen seine Mitschüler besserer Herkunft durchzusetzen. Ein fast "altmeisterlich schöner Roman", der sich durch seinen "genauen, selten gewordenen sprachlichen Takt" auszeichne, schnurrt der Rezensent zufrieden. Wie der Protagonist um Respekt und Glück kämpfe, das sei im besten Sinne "durch und durch amerikanisch".