Toni Morrison

Sehr blaue Augen

Roman
Cover: Sehr blaue Augen
Rowohlt Verlag, Hamburg 2023
ISBN 9783498003678
Gebunden, 272 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Alice Hasters. Toni Morrisons Debüt erzählt von Pecola Breedlove, einem kleinen Mädchen, das sich nach nichts so sehr sehnt wie nach blondem Haar und blauen Augen. Sie will schön sein wie Kinderstar Shirley Temple. Dieser Traum ist ihr einziger Ausweg aus der gewaltvollen Welt, in der sie aufwächst. Doch in diesem Herbst 1941 in der Kleinstadt Lorain in Ohio wird Pecolas Wunsch nicht in Erfüllung gehen, ihr Leben wird sich auf andere, auf schmerzhafte Weise verändern.Sehr blaue Augen ist eine kraftvolle Auseinandersetzung mit den verheerenden Auswirkungen von Rassismus, Klassismus und Sexismus auf das Leben eines kleinen Mädchens.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.12.2023

Immer noch hochaktuell und wuchtig ist Toni Morrisons Erstlingsroman laut Rezensent Peter Henning. Das 1970 erstveröffentlichte Debüt der späteren Nobelpreisträgerin erzählt laut Henning von Pecola Breedlove, einem schwarzen Mädchen, das sich danach sehnt, blaue Augen zu haben wie die Weißen, und das von seinem eigenen Vater vergewaltigt wird. Wie zumeist bei Morrison geht es darum, was Rassismus mit Menschen anrichtet, wobei Morrison ihre Bücher stets primär als Geschichten über Menschen versteht, nicht als Manifeste, versichert Henning. Die Neuübersetzung von Tanja Handel findet er gut gelungen, da sie, obgleich die Änderungen im Vergleich zu einer älteren Ausgabe nicht allzu umfangreich sind, einen direkteren Zugang zum Text ermögliche. Ein Buch, das man nach wie vor lesen muss, meint der Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.11.2023

Die Bücher von Toni Morrison begreift Rezensent Roman Bucheli auch als Aufforderung an die LeserInnen, bei der Lektüre an ihnen mitzuwirken: Zum einen ist da Morrisons Debütroman, der von dem jungen Mädchen Pecola handelt, die von ihrem Vater geschwängert wird, aber vor allem davon, wie es dazu kommen konnte. Die Autorin verzichtet dabei darauf, eindeutige Kausalitäten anzubieten, es werden den LeserInnen nur Bruchstücke präsentiert, die Biografie des missbrauchenden Vaters wird geschildert, dient aber auch nicht der Erklärung, sondern eher einer Bestandsaufnahme, wie Bucheli festhält. Das alles schildert Morrison mit Witz und Schmerz zugleich, jetzt von Tanja Handels sehr gelungen übersetzt, so der Kritiker. Den Aufruf des Textes, man möge sich selbst eine Meinung über das Geschehen bilden, liest er noch stärker in der Erzählung "Rezitativ", bei der es vordergründig um die Hautfarben zweier Mädchen geht, man weiß nie so recht, wer wer ist, im Eigentlichen aber vor allem darum, mit den eigenen Vorurteilen konfrontiert zu werden - so ist die Nobelpreisträgerin eine Autorin, die einen das eigene Denken zielsicher zu hinterfragen lehrt, hält Bucheli abschließend fest.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.10.2023

Einen Klassiker in deutscher Neuübersetzung stellt Rezensent Tobias Rüther vor. Die Nobelpreisträgerin Toni Morrison erzählt in ihrem Debüt die Geschichte des Mädchens Pecola, das in den 1940ern in einem Nest in Ohio aufwächst; in einer Umgebung, die von Armut und Gewalterfahrung, oft durch Männer, weiße wie schwarze, geprägt ist. Aus der Perspektive Pecolas ist die Welt der Weißen eine Sehnsuchtswelt, führt Rüther aus, weshalb sich die Hauptfigur blaue Augen wünscht.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 14.10.2023

Toni Morrisons Romandebüt "Sehr blaue Augen" erschien im Original 1970. Damals hat es verstört mit seiner den Rassismus vieler Weißer und Selbsthass vieler Schwarzer ungeschönt aufgreifenden Sprache. Und er verstört auch heute noch, denkt sich Rezensentin Sigrid Löffler angesichts der deutschen Ausgabe, die mit Vorwort, Nachwort und Anmerkung der Übersetzerin dem Leser offenbar "Geleitschutz" bei der Lektüre geben wolle. Am meisten leidet das schwarze Mädchen Pecola, das von seiner Mutter wegen ihres Schwarzseins verachtet wird und sich sehnlichst blaue Augen wünscht. Löffler reagiert heute noch "bestürzt" auf die Lektüre dieses Buchs, das so radikal ist in seiner Wahrnehmung schwarzer Selbstverachtung wie in seiner neuartigen komplexen Erzählweise. Ein "kanonisches" Buch, und das zu Recht, versichert die Rezensentin.