Tracey Lien

All die ungesagten Dinge

Roman
Cover: All die ungesagten Dinge
Piper Verlag, München 2023
ISBN 9783492071628
Gebunden, 336 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. "Lasst ihn doch gehen." Die junge Ky, Tochter vietnamesischer Einwanderer, empfindet Reue, ihren Eltern diesen Satz gesagt zu haben. Nun ist ihr Bruder Denny tot, vor aller Augen ermordet auf der Feier seines Schulabschlusses. Und nach Jahren kehrt Ky nach Cabramatta zurück, einem Einwanderervorort von Sydney, wo ihre Eltern noch immer leben. Mit ihnen will sie trauern, aber sie möchte auch Antworten auf ihre Fragen: Warum schweigen alle Augenzeugen? Warum hat sich nie jemand ernsthaft um die Aufklärung dieser Tat bemüht? Und warum hat sie selbst die Augen verschlossen vor dem Rassismus und den Ungerechtigkeiten, denen sie ausgesetzt war?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2023

Interessiert liest Rezensentin Maria Wiesner den Debütroman der australischen Schriftstellerin Tracey Lien. Die Handlung spielt in Sydneys Stadtteil Cabramatta, der für die vielen dort ansässigen vietnamesischen Einwanderer bekannt ist - wie auch für die Drogenprobleme und Bandenkriege, so Wiesner. Hier ereignet sich ein Mord, die Polizei will aber nicht ermitteln: Das ruft die Schwester des Opfers auf den Plan, die Journalistin Ky, die sich auf Spurensuche begibt und den elenden Alltag der Menschen im Viertel erlebt, resümiert die Rezensentin. Die Autorin erzählt multiperspektivisch, was ihr mit Ausnahmen auch sehr gut gelingt, wie Wiesner findet. Am Ende laufen alle Erzählstränge bei Ky zusammen in diesem, durchaus gelungenen, Roman, schließt die Kritikerin.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.07.2023

Cabramatta, ein Vorort von Sidney, war lange vor allem für seine Drogenprobleme bekannt, erfährt Kritikerin Katrin Doerksen aus Tracey Liens neuem Krimi, weshalb der Mord in diesem Viertel auch von der Polizei nicht ernstgenommen wird. Aber auch zahlreiche Zeugen wollen nicht aussagen: Das ruft die Schwester des Opfers auf den Plan, die ihrerseits Befragungen durchführt und "lauter kleine Fenster in das alltägliche Leben" der Menschen in Cabramatta aufmacht, wie Doerksen beeindruckt feststellt. Ihr gefällt zudem die Thematisierung migrantischer Geschichten und auseinanderbrechender Freundschaften - lesenswert, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 09.06.2023

Rezensent Rainer Moritz liest mit Tracy Liens Debüt das eher leidliche Ergebnis des Versuchs, eine konventionell erzählte Migrationsgeschichte mit Elementen aus dem Krimi-Genre zu verknüpften. Für sich genommen könnten Liens Beschreibungen der breiten Palette von Alltagsrassismen, denen die aus Vietnam geflohene Familie Tran in ihrer neuen Heimat Sydney ausgesetzt ist, wohl durchaus überzeugen, zumal die selbst in Vietnam geborene und in Sydney aufgewachsene Autorin und Reporterin aus eigenen Erfahrungen schöpfen kann, weiß Moritz. Und auch die Kriminalgeschichte funktioniert als solche, wenn gleich es Lien nicht gelingt, den zunächst straff gespannten Spannungsbogen bis zum Ende zu halten. Vor allem aber ist es die Verbindung aus Milieustudie und Krimihandlung, die dem Rezensenten auf weiten Strecken allzu "konstruiert und bemüht" erscheint.