Wilhelm Genazino

Der gedehnte Blick

Essays
Cover: Der gedehnte Blick
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446205284
Gebunden, 191 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Was macht komische Bücher komisch? Was macht erfolglose Autoren erfolglos? Wilhelm Genazino denkt nach über Theodor W. Adornos Humor, über Fotografien, über das Lachen und andere Begebenheiten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.01.2005

Eines muss jeder Leser nach der Lektüre von Wilhelm Genazinos Textsammlung begriffen haben, meint Hubert Winkels: "Der Verächter des permanenten Entertainment-Feuerwerks ist selbst ein begnadeter Feuerwerker." Indem er die Bedeutung seiner Gegenstände erfindet, lässt er Bedeutung "explodieren", wo vorher nichts war und erweist sich als "poetischer Ethnograf des Inlands". Drei Hauptthemen macht der Rezensent in den versammelten Feuilletons, Essays und Aufsätzen aus: die Ambivalenz des Scheiterns, die Erkenntnisstruktur des Blicks und die "Komik als dichterische Kraft". Genazino biete nicht nur "geistreiche" Gedanken zu Kafka, Claude Simon oder Literaturpreisen, sondern erweise sich in den "gewichtigeren" Texten auch als "philosophischer Kopf", der allerdings der Dialektik der alten Frankfurter Schule mehr verbunden ist als der ironischen Art, die deren Nachfolgerin pflegt. In den Erzählungen greift Genazino nach dem Motto des "gedehnten Blicks" einzelne Bilder aus dem Fluss des unscheinbaren Alltags heraus und beginnt in aller Ruhe, sie zu betrachten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.10.2004

Das "Buch zum Preis" - denn, so Martina Meister, Genazino gewährt "Einblick in die Demütigungen und Leiden desjenigen, der fast wider besseren Wissens schreibt" und für den der Büchner-Preis jetzt auch nichts mehr ändert. Nicht, dass ihn die Enttäuschungen je abgehalten hätten - seine Essaysammlung entwerfe eine "Poetik der Nachhaltigkeit". Und damit ist man auch beim "gedehnten Blick" des titelgebenden Essays, bei der Kunst der Wahrnehmung, die Genazino in allen seinen Romanen demonstriert und hier von der anderen Seite darstellt: Wie man "durch intensive, häufige und über einen langen Zeitraum wiederholte Betrachtung in die Dinge eindringen kann". Höhepunkt des Bandes ist für die Rezensentin jedoch ein Essay, "mit dem uns Genazino an jenen seltenen Moment teilhaben lässt, als das Lachen in Adornos Leben wie ein ungebetener Gast einbrach". Genazino Texte, schreibt sie, sind "Beobachtungs- und Denksplitter", die manchmal wirklich "unter die Haut gehen" und etwas hinterlassen: "den schönen Schmerz der Epiphanie."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2004

Sogar noch besser als in seinen Romanen kann man mit diesen Essays von Wilhelm Genazino lernen, die "Wahrnehmungshektik abzulegen", meint Rezensentin Kristina Maidt-Zinke. Die Essays sind zwar zu ganz verschiedenen Anlässen und Zeiten entstanden, zu denen die Rezensentin keine Informationen liefert, sie bilden in ihrer Gesamtheit jedoch so etwas wie eine "Einheit" in ihrem Augenmerk auf die genaue Wahrnehmung und in ihrem "respektvollen Beobachtungsdrang", so die Rezensentin. Seien es Erörterungen zu Schriftstellern oder Philosophen, die dem Autor am Herzen liegen, oder sei es Genazinos besondere "Phänomenologie des Scheiterns", in der er Außenseiter und Randexistenzen in den Blick nimmt, stets bringe Genazino seine Leser "so sanft wie unwiderstehlich", dazu, "genauer hinzusehen". Und wer sich auf die "Geduld und Behutsamkeit" des Autors einlässt, wird auch mit der "Nachhaltigkeit" dieser Essays belohnt, verspricht Maidt-Zinke angeregt.
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