Magazinrundschau - Archiv

3 quarks daily

6 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 21.02.2014 - 3 quarks daily

Westliche Kritiker und Akademiker lieben es, Rap in islamischen Ländern als politisch, klassenbewusst und kontrovers zu beschreiben - so wie er in den Achtzigern in Amerika von Ice Cube, NWA oder Public Enemy produziert wurde. Alles Quatsch, meint der pakistanische Autor Hamzah Saif, der mit einer Reihe von Rappern gesprochen hat, in Chapati Mystery. Pakistans Rapper lieben kommerziellen Rap und ihr Held heißt Eminem. Das lag vor allem an seiner direkten Sprache, glaubt Saif und verweist auf den Erfolg des ersten kommerziellen Albums von Bohemia, das 2006 erschien. Auf Punjabi! "Wenn Urdu die Sprache der Macht und Privilegien ist, dann ist Punjabi die machtvolle Sprache der Straße. Und die Straße war der Ort, wo Lyrics den Rap platzierten. Für viele Jugendliche aus der Mittelklasse, denen der mit Urdu verbundene Elitismus nichts bedeutet, ist Punjabi nicht nur die einzige Sprache, die zu Hause gesprochen wird, sondern auch der Slang unter ihren Freunden und die Wortgeplänkel mit dem Obstverkäufer und dem Busfahrer. Und diesen Teil der Bevölkerung erreichte Bohemias Punjabi, seine Lyrics eigneten sich gut für die wachsende Punjabiness-Bewegung in Pakistan, vor allem die hypermaskulinen Geschichten."

Hier ein Video von Bohemia:

Magazinrundschau vom 11.01.2011 - 3 quarks daily

3 quarks daily hat auf eine Reihe von Artikeln zur Ermordung des pakistanischen Politikers Salmaan Taseer verlinkt. Taseer war Gouverneur des Punjab und ein scharfer Kritiker des Blasphemiegesetzes, das zuletzt benutzt wurde, um die Christin Asia Bibi zum Tode zu verurteilen, weil sie den Propheten Mohammed beleidigt haben soll (mehr hier). Taseers Sohn Aatish Taseer erzählt im britischen Telegraph, wie tausende Pakistanis den Mörder auf dem Weg zum Gefängnis feierten und ihn mit Rosenblättern überschütteten. "Ich sollte noch sagen, dass am Freitag keine Moschee im Land sich gegen den Mord ausgesprochen hat. 2.500 Anwälte meldeten sich, um den Mörder kostenlos zu verteidigen. Und der Regierungschef des Punjab, der nicht am Begräbnis teilnahm, hat noch nicht persönlich meiner Familie kondoliert, die in ihrem belagerten Haus in Lahore sitzen."

Es ist der "Tod der Toleranz", schreibt Gulmina Bilal Ahmad in der pakistanischen Zeitung Daily Times. Sie sieht Pakistan zweigeteilt: in die Mehrheit, die die Ermordung Taseers im Namen des Islams billigt, und eine Minderheit aus "Wischi-Waschi-Liberalen wie ich selbst, die zwar säkulare und tolerante Ansichten haben, aber diese nur in bestimmten [privaten] Situationen artikulieren und praktizieren".

"Cheer on my friends!", ruft bitter Khurram Husain in der pakistanischen Express Tribune der den Mörder bejubelnden Menge zu: "Cheer on the assassin! Smile and clap your hands, chant odes to the ghazi"s bravery! Go ahead, applaud the darkness that is coming your way, because once it has taken you into its embrace, there"ll be no cheer left in your life."
Stichwörter: Bibi, Asia, Blasphemiegesetze

Magazinrundschau vom 20.07.2010 - 3 quarks daily

Für 3quarksdaily führt Colin Marshall ein riesenhaftes Gespräch mit David Lipsky, dem Autor von "Although of Course You End Up Becoming Yourself: A Road Trip with David Foster Wallace" (Auszug), über eben diesen: "Er hat mal gesagt, das moderne Leben handelt von der Frage, ob man auf der einen oder anderen Seite des elektronischen Datenstroms steht. Das ist so brillant! Genau so fühlt es sich an, wenn ich arbeite, wenn ich auf E-Mails antworte oder zu Twitter oder Facebook gehe. Jedes Mal denke ich: 'Mein Gott, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen.' Und das war 1996."

Magazinrundschau vom 13.04.2010 - 3 quarks daily

3Quarksdaily übernimmt im Transkript ein faszinierendes Radiointerview (mp3) mit dem in Südkorea lehrenden Politikwissenschaftler Brian Reynolds Myers, der in seinem Buch "The Cleanest Race" (Auszug) den nordkoreanischen Nationalismus und Rassismus analysiert. Für ihn ist das Regime mindestens eben so sehr mit den Nazis wie mit den Stalinisten vergleichbar - und die Verblendung der Bevölkerung ist perfekt: "Die Leute arbeiten in gewisser Weise für das System. Die durchschnittlichen Nordkoreaner haben kein Interesse daran herauszufinden, dass sie ihr Leben lang nur dafür gearbeitet haben, eine Familie in Pjöngjang glücklich zu machen."

Magazinrundschau vom 30.03.2010 - 3 quarks daily

Namit Arora bespricht die Erinnerungen des "Unberührbaren" Omprakash Valmiki. Der Artikel ist voller Links zu anderen Büchern von Dalits, die gerade ein neues mächtiges Genre in der indischen Literatur und gleichzeitig eine große Widerstandsbewegung begründen. "'Joothan', erzählt in scharfen Vignetten, ist auch der bemerkenswerte Bericht einer seltenen indischen Reise, die einen Jungen von extrem elenden sozioökonomischen Bedingungen zur Prominenz als Autor und Sozialkritiker führte. [...] In den letzten zwei Absätzen nimmt er seine Kritiker vorweg: 'Bis heute bleibt die Kaste ein herausragender Faktor im sozialen Leben. So lange die Leute nicht wissen, dass du ein Dalit bist, läuft alles gut. In dem Augenblick, in dem sie über deine Kaste Bescheid wissen, ändert sich alles. Das Gemurmel schlitzt deine Adern wie ein Messer auf. Armut, Analphabetentum, gescheiterte Existenzen, der Schmerz, draußen vor der Tür zu stehen - was können die zivilisierten Savarna Hindus davon wissen? Warum ist meine Kaste meine einzige Identität? Viele Freunde weisen mich auf die Lautstärke und Arroganz meines Schreibens hin. Sie unterstellen mir, dass ich mich in einen engen Kreis eingeschlossen habe. Sie sagen, dass der literarische Ausdruck auf das Universelle zielen sollte. Ein Schriftsteller sollte sich nicht auf ein enges, begrenztes Lebensgebiet beschränken. Das heißt, wenn ich mich als Dalit auf meine Herkunft berufe und zu einer Haltung komme, die meiner Situation entspricht, dann gelte ich als arrogant. Denn in ihren Augen bin ich nur ein SC, einer, der draußen vor der Tür steht."
Stichwörter: Indische Literatur

Magazinrundschau vom 22.12.2009 - 3 quarks daily

Das Camden Arts Centre in London zeigt gerade in einer Ausstellung Eva Hesses wenig bekannte "test pieces". Sue Hubbard ist fasziniert von diesen flüchtigen Objekten. "In einem der Ausstellungsräume liegen Schalen aus Pappmache wie leere Hülsen auf einer großen zentralen Sockelleiste. Gefertigt aus braunem Papier sind sie trocken und brüchig; offenbar Reste von einem vorhergegangenen namenlosen Ereignis, wie Erinnerungssplitter. An anderer Stelle liegen zwei kleine Stücke von ausgestopftem Tuch, bedeckt von sich wie Haare ringelnden Schnüren, in einem Glaskasten zusammengekauert wie primitive kopulierende Tiere. (...) Nach ihrem Tod warfen sie einige Fragen auf. Was war dieses ganze 'Zeug' in ihrem Studio? Ihr Freund Sol de Witt versuchte sich einen Reim darauf zu machen und nannte seine Entdeckungen eine Serie 'kleiner Experimente' oder 'Studio Reste'. Manchmal bestand er darauf, dass ein Fund 'definitiv kein Werk' sei, während er bei anderer Gelegenheit erklärte: 'Ja, das ist ein Werk'. Vielleicht hat er trotz seiner engen Freundschaft mit Hesse die falschen Fragen gestellt."
Stichwörter: Hesse, Eva