Magazinrundschau - Archiv

Ceska Televize

3 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 20.12.2022 - Ceska Televize

Bohdan Sokur, Sketchbook [Skicák] © Bohdan Sokur

Aus Anlass des Kriegs in der Ukraine und in Anlehnung an Susan Sontags Essay "Das Leiden anderer betrachten" findet aktuell im Prager Zentrum für Zeitgenössische Kunst DOX die Ausstellung "Bolest těch druhých"/ "Der Schmerz der Anderen" statt, die die Frage stellt, wie weit Menschen fähig sind, auf die Erlebnisse anderer mit Empathie zu reagieren. Das Phänomen, dass wir über die heutigen Medien tagtäglich Leid in Echtzeit mitverfolgen können und paradoxerweise dadurch eher distanzierter werden, beschreibt auch DOX-Leiter und Kurator Leoš Válka, der davon überzeugt ist, dass traditionelle Kunstausstellungen in dieser Hinsicht die größere Wirkung entfalten konnten. Statt Klicken und Zappen oder schnell wechselnden Filmausschnitten konnte man endlos lang vor einem Bild oder einer Skulptur verweilen und "wusste, dass nicht im nächsten Moment ein anderes Bild sich darüber schiebt. Und das hat die Wahrnehmung intensiver gemacht." Die Kuratoren haben über vierzig Künstler versammelt, die mit ihren Grafiken, Fotografien, Skulpturen und Installationen vom Krieg erzählen - von Goya bis zur Gegenwart. Darunter sind aktuelle Werke von ukrainischen Künstlern (die unter schwierigen Umständen gerade noch rechtzeitig zur Vernissage transportiert werden konnten) oder die Bilder eines irakischen Fotografen, der wegen seiner Folterdokumentationen untertauchen musste, aber auch russischer Künstler, denen Válka großen Respekt erweist, weil sie "den Mut hatten, den Schrecken des Ukrainekriegs künstlerisch zu thematisieren".
Stichwörter: Malerei, Krieg

Magazinrundschau vom 15.11.2022 - Ceska Televize

Tschechischen Archäologen rund um den Ägyptologen Miroslav Bárta ist es gelungen, das 4.440 Jahre alte Grab des Hohepriesters Ptahschepses wiederzuentdecken, von dem vor hundertsechzig Jahren bereits der französische Ägyptologe Auguste Mariette eine bedeutende Stele mitbrachte (die heute im British Museum steht). Mariette hinterließ seinerzeit nur eine grobe Ortsbestimmung, und das tschechische Team konnte das über vier Meter hohe Grab nun nördlich der Dsojer-Pyramide lokalisieren, wie die Kulturseite des tschechischen Fernsehens berichtet. Das Grabgebäude erstreckte sich über eine Fläche von fast tausend Quadratmetern. Einige Relieffragmente sind erhalten geblieben, auf denen die Gestalt von Prinzessin Chamaat zu erkennen sei. Die eigentliche Grabkammer wurde schon in frühen Zeiten ausgeraubt. Ptahschepses war seinerzeit offenbar eine Ausnahmeperson: Schon am Königshof aufgewachsen, erhielt der hochrangige Beamte "als erster Hofangehörige nichtköniglicher Herkunft eine Königstochter zur Frau" - Chamaat. Außerdem sei Ptahschepses der bislang erste bekannte Anbeter des Gottes Osiris gewesen. Es sei möglich, dass er den Kult um diesen wichtigen altägyptischen Gott der Unterwelt begründet habe. Zur Einordnung des Fundes betont Miroslav Barta außerdem: "Ptahschepses lebte zu einer Zeit, in der infolge der Nilaustrocknung die Versorgungsquellen schwanden und der Einfluss der Lobbyisten sowie der Trend zum Nepotismus schlagartig zunahmen. Mächtige Familien im Reich wurden immer mächtiger und vom Herrscher unabhängiger, ließen sich monumentale Grabgebäude errichten und stellten ihren Einfluss und ihre wachsende Eigenständigkeit deutlich zur Schau. Dieses Grab und seine Persönlichkeit sind ganz wesentlich für das Verständnis dieser neuen Tendenzen, die letztlich zum Kollaps der Ära der Pyramidenerbauer führte."

Magazinrundschau vom 15.03.2022 - Ceska Televize

Der Satiriker, Drehbuchautor und Putinkritiker Wiktor Schenderowitsch, der bereits Anfang des Jahres Russland verlassen hat, meint im Gespräch mit dem Tschechischen Fernsehen, sogar Stalin habe trotz seiner Grausamkeit mehr Rationalität besessen als derzeit Putin. Schenderowitsch stellt in Tschechien gerade die Verfilmung seines Theaterstücks "Vidět Salisbury" ("Seeing Salisbury") vor, das den Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia durch Agenten des russischen Geheimdienstes zum Thema hat. Schenderowitsch sieht für Russland eine mühsame jahrzehntelange Aufarbeitung voraus: "Anders ist es nicht möglich. Es ist nicht möglich, weiterzugehen, ohne Schuld einzugestehen, ohne dass wir uns bewusst machen, was geschehen ist. Deutschland hat einige Jahrzehnte dafür gebraucht. Die Zeit mit Hitler dauerte ein Jahrzehnt, doch die mit Putin dauert schon jetzt wesentlich länger, weshalb uns ein sehr schmerzhafter, schwerer Weg erwartet. Das Wichtigste ist, dass dieser Weg überhaupt beginnt, denn leider hat er noch nicht begonnen, und ich würde sogar sagen, dass wir den Boden noch nicht erreicht haben."
Stichwörter: Tschechien, Giftanschläge