Solvej Balle

Über die Berechnung des Rauminhalts I

Roman
Cover: Über die Berechnung des Rauminhalts I
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2023
ISBN 9783751809122
Gebunden, 170 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Dänischen von Peter Urban-Halle. Nach einer Geschäftsreise zu einer Antiquariatsmesse in Bordeaux beginnt für die Buchhändlerin Tara Selter, die mit ihrem Mann Thomas in einem Haus in Nordfrankreich lebt, die Zeit stillzustehen. Gefangen in einer Wiederholung, durchlebt sie stets von Neuem jenen 18. November, während es für Thomas und alle anderen Menschen, denen sie begegnet, ein immer neuer Anfang ist. Sie erinnern sich an nichts, was "gestern" war, erwachen stets zu ihrem ersten 18. November des Jahres. Genießt Tara diese Zeit des "Schwindels" im doppelten Sinne die ersten sechzig Tage noch, offenbart sich langsam ein Problem: Sie wird älter, Thomas nicht. Die beiden, die sich zuvor so nahegestanden haben, entfernen sich voneinander - und Tara versucht versessen, aus dem 18. November herauszufinden.Über die Berechnung des Rauminhalts I ist der erste Band eines groß angelegten Romanprojekts, in dem Solvej Balle die Fiktion von der Wirklichkeit befreit, ohne jedoch Science-Fiction zu schreiben.  Balle schildert die Mechanik und Monotonie der Zeitschleife, in die ihre Protagonistin gerät, sowie die ungewöhnliche Liebesbeziehung, die sich daraus ergibt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.03.2023

Rezensentin Sophie Wennerscheid erlebt mit Solvej Balles Protagonistin einen Tag, den 18. November, immer wieder und wieder. Dass es aus diesem Tag kein Entkommen gibt, merkt sie schnell, und auch, was die Autorin damit bezweckt: Es geht um die Entwicklung einer besonderen Sensibilität für Details, für das Atmen der Welt und unseren Umgang mit ihr. Die "existenzielle Parabel", Teil eines mehrbändigen Projekts, überzeugt Wennerscheid nicht zuletzt durch den von Peter Urban-Halle verlustarm transportierten rhythmischen, tastenden Balle-Sound, der die stille Panik der Heldin gut einfängt, wie die Rezensentin findet.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.03.2023

Tara erlebt den 18. November jeden Tag aufs Neue und erforscht in dieser Zeitschleife Raum und Zeit, in der sie mit ihrem Partner lebt, beschreibt Kritiker Matthias Hannemann die Grundzüge von Solvej Balles Roman, der ihn sichtlich beeindruckt hat. Ganz minimalistisch, aber immer treffend und mit großem literarischen Rhythmusgefühl schreibt Balle von einem Paar, das in einer Zeitschleife lebt - mit dem Unterschied, dass der Mann den immer gleichen Tag jedesmal wieder neu erlebt, während die Frau weiß, dass sie in einer Zeitschleife lebt, altert, sich verändert und dadurch auch ihre Beziehung hinterfragt. Sie spürt: "Unsere Körper lebten in zwei Zeiten." Hannemann freut sich schon, dass Balle aus diesem Buch eine siebenbändige Reihe machen wird.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.02.2023

Rezensent Michael Wolf denkt an die Romane des Magischen Realismus und an Kafka, wenn er Solvej Balles Roman liest. Die Ausgangssituation des Romans ist bekannt aus dem Plot des Films "Und täglich grüßt das Murmeltier": In einem klaren Stil schreibt Balle über ihre Hauptfigur, die eines Tages aufwacht und von da an denselben Tag mit ihrem Mann immer wieder aufs Neue erlebt. Die Umsetzung ist hier aber viel komplexer als im etwas platt moralisierenden Film, versichert Wolf. Hier gibt es keine einfache Auflösung, das Paar wird sich langsam fremd, ohne dass uns die Autorin einen klaren Grund für diese Verurteilung zu ewiger Wiederholung liefert: Vielmehr "schillert" die Handlung in immer neuen Interpretationsangeboten, so Wolf. Selbst wenn man den Text als reine Parabel auf das langsame Scheitern einer Beziehung lesen will, meint er, so bekommt all das dennoch eine "kosmische" Dimension bei Balle. Subtil, surreal und schön, alles in allem eine "große Liebesgeschichte", lobt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 10.02.2023

Rezensent Carsten Hueck zeigt sich bewegt, ja mitgerissen von Solvej Balles Roman über eine Frau, die in einer Zeitschleife gefangen ist. Nach etlichen Versuchen, herauszufinden, wie sie sich aus ihrem ewigen 18. November befreien kann, lernt sie schließlich, ihre Situation zu akzeptieren und sich wirklich auf die Gegenwart einzulassen. Das Ergebnis ist ein geschärftes Bewusstsein, eine erweiterte Wahrnehmung, oder wie Hueck zitiert "ein Anbau ans Gehirn oder ein Abriss ausgedienter Gebäude". Dementsprechend sinnlich und ruhig, ja fast meditativ ist auch der Stil dieses Romans. Und dennoch baut sich hier eine Spannung auf, der man sich kaum entziehen kann, so der angetane Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.02.2023

Und täglich grüßt das Murmeltier für Tara Selter: Die Protagonistin von Solvej Balles "Über die Berechnung des Rauminhalts" erlebt ein Jahr lang ein und denselben Tag. Doch so lustig wie die amerikanische Komödie, an die sich auch Rezensentin Petra Pluwatsch erinnert fühlt, ist das höchstens auf den ersten Blick, meint sie, ein großer Fokus liegt darauf, dass Tara die Sicherheit einer bekannten Welt entgleitet, dass sie, obwohl alle äußeren Faktoren Tag für Tag gleich bleiben, eine große innere Wandlung durchmacht. Die führe auch dazu, dass sie den Mann, mit dem sie jeden 18. November verbringt, irgendwann verlässt und viele Überlegungen anstellt, die von der Autorin nicht beantwortet werden und stattdessen eigene Denkanstrengungen ermöglichen, so Pluwatsch. Sie kann sich kaum vom faszinierenden Sog dieser Geschichte lösen und legt dem Publikum ans Herz, sich ebenfalls auf die 365 Tage mit Tara einzulassen.