Christoph Türcke

Digitale Gefolgschaft

Auf dem Weg in eine neue Stammesgesellschaft
Cover: Digitale Gefolgschaft
C.H. Beck Verlag, München 2019
ISBN 9783406731815
Kartoniert, 251 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Plattformen wie YouTube, Facebook, Twitter oder Amazon sind die neuen sozialen Magneten - Clanbildner einer sich anbahnenden globalen digitalen Stammesgesellschaft. Während die herkömmlichen sozialen Bindungskräfte von Familien, Institutionen, Parteien, Verbänden und Staaten zunehmend schwinden, entstehen um digitale Plattformen wimmelnde Kollektive, die sich wie Schwärme oder Horden ausnehmen. Ihre Benutzer sind "Follower", digitale Gefolgschaft hält die neuen Clans zusammen. Der Philosoph Christoph Türcke zeigt, wohin die Dynamik der Digitalisierung führt.
Plattformen knechten ihre Nutzer nicht. Sie saugen sie an. Doch damit machen sie sie abhängiger als jede politisch-militärische Gewalt. Sie entfesseln ihr Wunschleben algorithmisch in einer bestimmten Richtung. Dabei steht das neue Erfolgsmodell der Plattform erst am Anfang seiner Wirkungsmacht. Schon arbeiten die großen Player daran, das Gesundheits-, das Bildungs- und das Verkehrssystem, letztlich die gesamte Wirtschaft nach dem Prinzip der Plattform umzubauen. Auch die Politik gerät in diesen Sog. Donald Trump behandelt die USA nicht nur wie eine Firma. Er macht mit Twitter Politik und sieht in den Bürgern Gefolgsleute oder Gegner. Doch es gibt auch Gegenkräfte und Gegenentwürfe. Sie haben das letzte Wort in diesem Buch, das zeigt, dass der Weg in die digitale Hölle mit lauterverheißungsvollen Errungenschaften gepflastert ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.03.2019

Kein globales Dorf mehr, wie bei McLuhan, ist die Welt, sondern vielmehr "ein High-Tech-Dschungel", so zitiert Rezensent Lothar Müller den Autor. Um seine eigene These von der unheilvollen Wirkung der "Suchtmaschine Google und der Narzissmusagentur Facebook" umso deutlicher in den Fokus zu rücken, hat Türcke die Thesen von McLuhan für den Geschmack des Rezensenten ein bisschen zu sehr als "euphorisch-adventistisch" charakterisiert; dabei sah McLuhan bereits im Radio - siehe Volksempfänger! - eine gefährliche Kraft, die archaische Welten in uns heraufbeschwören kann. Türcke wolle jedoch vor allem zeigen, wie übel uns die Flut von Informationen, Meinungen und Bildern, die von keiner Klassifizierung und Repräsentation mehr gefiltert werden, mitspielt. Seiner Meinung nach führt das in einen suchtgesteuerten Zerfall der Öffentlichkeit. Für den Rezensenten geht dieser Prognose ein zu homogenes und widerspruchsloses Denken voraus. Gäbe es da nicht auch z.B. die durch diverse Filter gesteuerten, digitalen Abo-Modelle der alten Öffentlichkeit, sprich Zeitungen? Solche Entwicklungen interessierten aber den emeritierten Philosophieprofessor Türcke weniger als die Spekulation, durch den 3-D-Drucker würde dem Kapitalismus endlich der Garaus gemacht werden - und eine Gesellschaft der Maker entstehen. So würde der Prozess der Digitalisierung, so spottet Müller, wie seit McLuhan immerhin wieder zu einer "Quelle spekulativer Energie".
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