Dana Grigorcea

Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen

Roman
Cover: Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen
Penguin Verlag, München 2024
ISBN 9783328601548
Gebunden, 224 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Voller Hoffnungen und Sehnsüchte reist der junge und aufstrebende Bildhauer Constantin Avis 1926 nach New York. Ein einflussreicher Galerist will ihn unter seine Fittiche nehmen und in dieser Stadt der Träumer und Macher ganz groß herausbringen. Beflügelt von einer aufkeimenden Liebe und der Aussicht auf Erfolg, schwebt er durch dieses neue Leben und droht dabei, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Denn wie weit kann ihn seine Kunst wirklich tragen? Ein ganzes Jahrhundert später versucht Dora, diese Frage zu beantworten. Im beginnenden Frühling an der ligurischen Küste schreibt sie an einem Roman über Constantin Avis. Gemeinsam mit ihrem Sohn und dem Kindermädchen sucht sie hier die Ruhe, die ihr im Alltag als Künstlerin und Mutter stets fehlt. Doch je tiefer sie sich hinabgleiten lässt in diese andere Welt, desto stärker vermischt sich ihre Geschichte mit der von Constantin, und sie begreift, dass sie seine Fragen nur mit ihrem eigenen Leben beantworten kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.04.2024

Was Dana Grigorcea in ihrem neuen Buch tut, ist nicht neu, weiß Rezensentin Judith von Sternburg - wie sie es tut allerdings, ist nicht nur virtuos, sondern auch originell. Über das Spiel zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Text und Welt, Gedanke und Geschriebenem, Traum und Wachen nähert sich die Autorin Dana mit der Erzählerin Dora ihrem Gegenstand - einer Vogelskulptur, bzw. dem, was sie verkörpert, für Daona und Dora, in dieser Erzählung: Der Sinn der Kunst, und nichts Geringeres. So leicht, so schwebend, wie der Vogel oder die Idee des Vogels, den der Künstler darstellte, so leicht und schwebend kommt auch Grigorceas Erzählung daher und ist doch von unerwartetem Gewicht. Von einer Schriftstellerin erzählt sie, die mit ihrem Sohn und einem Kindermädchen ans Meer fährt, um in Ruhe zu schreiben, von dem Versuch, sich von sich und einem gewissen Mann weg zu schreiben erzählt sie, und wie gerade dieser Versuch die Autorin zu sich selbst führt. Eigentlich aber erzählt sie von Kunst! Dabei vermengen sich traumwandlerische Sequenzen mit hyperrealistischen Momenten, die der Rezensentin im Gedächtnis haften bleiben, als sei sie selbst dabei gewesen. "Typisch Grigorcea", meint von Sternburg beeindruckt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 03.04.2024

Dana Grigorcea ist mit "Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen" ein leicht zu lesender, unterhaltsamer Roman gelungen, findet Rezensentin Sieglinde Geisel. In dem Roman treten zwei Hauptfiguren auf: die Schriftstellerin Dora, die sich in Begleitung von Kind und Kindermädchen zum Schreiben nach Ligurien zurückgezogen hat, und ihr Protagonist, der fiktive Bildhauer Constantin Avis, der in den 1920er Jahren nach New York reist. Die Leserin liest, wie Dora schreibt und wie Constantin die Idee seiner Kunst verteidigt - konkret bei der Einreise in die Staaten, bei der eine Vogel-Skulptur nicht als solche erkannt und verzollt wird. Die Frage "Was ist Kunst?" bestimmt Geisel zufolge den Roman und wird an den beiden Figuren durchgespielt; die Antworten darauf sind jedoch Gemeinplätze. Auch die Dialoge zwischen Constantin und seiner Geliebten Lidy grenzen, so die Rezensentin, teils an Kitsch. Der Roman liest sich also locker und angenehm; sofern er als Parodie auf den Bildungsroman angelegt ist, verfehlt er, nach Geisel zu urteilen, jedoch  diese Flughöhe durch seine Trivialität.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2024

Als Fiktion über selbstbewusst-hedonistische Frauenleben liest Rezensentin Tina Hartmann Dana Grigorceas Roman gern. Eine dieser Frauen ist, lernen wir, die Schriftstellerin Dora, die in Ligurien an einem Roman über den Bildhauer Constantin Brancusi arbeitet, und eben diese in den 1920er Jahren spielende Romanhandlung fließt auch in Grigorceas Buch ein, wodurch mit der Stummfilmschauspielerin Alba Fantoni und der Galeristin Lidy weitere Frauen ins Spiel kommen. Frauen, die sich nicht den Klischees fügen, die für sie vorgesehen sind, sondern die ihr Begehren auf das richten, was sie eben interessiert, freut sich die Kritikerin. Weniger gelungen ist der Roman laut Rezensentin da, wo er sich der Kunstproduktion selbst zuwendet, oft bleiben die entsprechenden Passagen schlicht Leerstellen. Was der Sinn von Kunst ist, kann Grigorcea Hartmann also nicht erklären, was dazu führt, dass der Roman sich gelegentlich ein wenig zu kulinarisch anfühlt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2024

Zwei Liebesgeschichten aus ganz unterschiedliche Epochen und eine kluge Reflexionen über das Wesen der Kunst findet Rezensent Roman Bucheli in Dana Grigorceas neuem Roman. Zunächst einmal ist der Rezensent ein wenig irritiert von der "sonderbaren" Künstleridylle, die die Autorin hier entwirft: die Schriftstellerin Dora verbringt einen "scheinbar endlosen Aufenthalt" an der ligurischen Küste und schreibt, hochinspiriert, einen Roman über den Bildhauer Constantin Avis, den der Kritiker leicht als Constantin Brancusi entschlüsseln kann. So viel "Pathos und Künstlerromantik" hat der Rezensent schon lange nicht mehr gelesen - aber alles ist nur Schein: der Bildhauer Avis soll die Skulptur einer berühmten Schauspielerin aus Onyx schaffen - doch letztendlich ist die Skulptur aus Pappmaché, die Schauspielerin wird von einer jüngeren Frau ersetzt. Die romantische Künstlervision "kippt ins Prekäre", sowohl in der Erzählgegenwart in Ligurien als auch in Avis' Geschichte. Intelligent und zugleich subtil verarbeitet Grigorceas Fragen über Kunst, aber auch abseits davon findet Bucheli diesen Roman sehr unterhaltsam.