Ulrike Edschmid

Levys Testament

Roman
Cover: Levys Testament
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518429747
Gebunden, 144 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

In Berlin haben sie sich kennengelernt, in London werden sie ein Paar. Ihre Tage verbringen sie im Gerichtssaal des Old Bailey, um Anarchisten zu unterstützen, denen drakonische Haftstrafen drohen. Streiks, Hausbesetzungen, Anschläge der IRA und die harten Reaktionen der Regierung bestimmen den Alltag im Winter 1971. Schwerelos wie im Traum erkunden die beiden die Stadt. Über seine jüdische Familie weiß der Engländer (wie die Erzählerin den Gefährten nennt) nur wenig zu sagen. Jahrzehnte später, ihre Trennung liegt lange zurück, kommt der Engländer einem Familiendrama auf die Spur. Sie führt zurück ins Old Bailey: 1924, ein spektakulärer Betrugsfall, angeklagt Levy, sein Urgroßvater. Der rastlosen Suche des anderen folgend, sie mit ihren Fragen vorantreibend, stößt die Erzählerin auf das unergründliche Wirken der Geschichte, welche die entlegensten Episoden unseres Lebens miteinander verknüpft. In "Levys Testament" verwandelt sich die Liebende in eine Chronistin und die Intimität des Gefühls in ein Instrument der Erkenntnis.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.07.2021

Rezensentin Anke Dörsam hat ein Problem mit Ulrike Edschmids Poetik. Denn ihr neuer Roman um den Theaterschaffenden Brian Michaels und dessen jüdische Familiengeschichte zeige in seiner Balance aus "Festhalten und Loslassen" zwar einerseits, wie Vergangenheit zu Literatur werden könne. Beunruhigend findet Dörsam aber, wie Edschmid dabei Leerstellen in Bezug auf deutsch-jüdische Geschichte lasse und jüdische "Versehrtheit", auch die des Protagonisten, auf die Schuld der Familie und teilweise sogar auf antisemitische Topoi wie den Verrat oder den Hang zum Kriminellen zurückführe. Auch bei einem Vorgängerbuch von Edschmid sei die Problematik radikaler Auslassungen von der Presse bereits kritisiert worden, erinnert sich Dörsam. Antisemitismus will sie der Autorin nicht gleich vorwerfen, die Frage nach der Zusammenstellung ihres Materials müsse sich die gelernte Dokumentarfilmerin jedoch gefallen lassen, meint die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.06.2021

Rezensent Christian Thomas erzählt wenig beeindruckt den Inhalt von Ulrike Edschmids neuem Roman "Levys Testament" nach. Eine reservierte Ich-Erzählerin schildere das Leben ihres Liebhabers, einem jüdischen Engländer, der trotz Demütigungen und Familientragiken im Fußball und beim Theater-Spielen Halt findet, offenbart uns der Rezensent. Dass die Autorin mal an der Film-und Fernsehakademie studiert hat, lasse sich Thomas zufolge daran erkennen, dass sich der Roman mit seinen 49 Episoden, die wie filmische Standbilder wirken zu einem "Leinwand-Epos" entwickelt. Und obwohl sich die Handlung mit den "shakespeareartigen Verzauberungskünsten" des Fußballs vertraut zeigt, habe Ulrike Edschmid mit radikaler Sachlichkeit schon bewegendere Romane, etwa "Das Verschwinden des Philip S." geschrieben, moniert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.04.2021

Als großen Wurf bezeichnet Rezensentin Hannah Bethke Ulrike Edschmids neuen Roman. Die Geschichte um die links sozialisierte Erzählerin und ihr Leben im Sinne der linken Internationalen in Berlin und London kommt Bethke zwar zunächst distanziert und unpersönlich vor, weil erzählt im Stil von Tagebuchnotizen, mit der Figur des englischen Freundes aber bekommt die Story laut Rezensentin eine entscheidende Wendung und wird zur "abgründigen Familiengeschichte". Gebannt und gerührt folgt Bethke dem Text. Schade nur, dass er so kurz ist, findet sie. Andererseits könnte eben darin auch sein Reiz liegen, vermutet sie.
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