Alan Hollinghurst

Des Fremden Kind

Roman
Cover: Des Fremden Kind
Karl Blessing Verlag, München 2012
ISBN 9783896674685
Gebunden, 688 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thomas Stegers. Im Sommer 1913 verbringt der junge aristokratische Dichter Cecil Valance ein Wochenende bei der Familie seines Cambridge-Kommilitonen George Sawle. Besonders Georges kleine Schwester Daphne ist sofort von dem gut aussehenden Gentleman eingenommen, und Cecil widmet ihr ein Gedicht. Es wird zum lyrischen Symbol einer ganzen Generation. Nach Cecils Tod im Ersten Weltkrieg ranken sich immer neue Mythen und Geheimnisse um die Person und das Werk des Dichters. Cecils Leser und sogar seine Familie stehen vor einem Rätsel. In den folgenden Jahrzehnten werden nicht nur Daphne und George, sondern vor allem Cecils literarischer Nachlass von Öffentlichkeit, Biografen und Wissenschaft instrumentalisiert - entsprechend der jeweiligen literarischen und kulturellen Mode der Zeit. Doch dann macht sich ein junger Literaturfreund daran, Cecils Geheimnis zu lüften, und ein Antiquar macht eine überraschende Entdeckung ...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.01.2013

Ingo Arend zeigt sich angetan von Alan Hollinghursts fünftem Roman "Des Fremden Kind". Der Autor, "Chronist des schwulen Lebens in Großbritannien", vermittelt hier einmal mehr einen Blick auf die homosexuelle Liebe. Allerdings geht es in vorliegendem Werk nach Ansicht Arends etwas gediegener und subtiler als in vorangegangenen Romanen Hollinghursts zu. Die schwule Erregung scheint ihm weitgehend zu einem Gefühl von "unter der Oberfläche spürbarer Erregung" sublimiert. Das führt seines Erachtens bisweilen zu einem gewissen Spannungsabfall. Andererseits findet er in dem Werk immer wieder psychologisch höchst raffinierte Milieu- und Charakterstudien, die für ihn einmal mehr belegen, dass Hollinghurst zu den besten europäischen Erzählern zu rechnen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2012

Englischer Landadel, Poesie mit Langzeitwirkung und Homosexualität - die Hauptzutaten von Alan Hollinghursts jüngstem Roman lassen den Rezensenten Gustav Seibt in nostalgische Schwärmerei geraten. Wer die englische Literatur des vergangenen Jahrhunderts kennt, wird sich an diesem "altmodischen" Roman voller Melancholie und Komik erfreuen und bewundern, wie gekonnt der Autor diese vergangene Epoche in Erinnerung ruft, prophezeit der Rezensent. Der Roman dreht sich um einen jung im Ersten Weltkrieg gefallenen adeligen Dichter, Cecil Valance, dessen Liebesgedicht postum zur Heldenlyrik verklärt wird, und der als "Person und als Dichter" seine Wirkung auf die Nachwelt entfaltet, erfahren wir. Nachgezeichnet wird auch der "erotische Schock", den Valance bei seiner weiblichen wie männlichen Umgebung auslöste. Trotz vieler literarischer und spezifisch britischer Anspielungen haben auch deutschsprachige Leser keine Verständnisschwierigkeiten, versichert Seibt, nicht zuletzt, weil die Homosexualität von einer zu verbergenden zu einer akzeptierten Lebensform ein gesamteuropäisches Phänomen ist. Neben seinen Qualitäten als "Familienroman" ist dieses Buch aber auch ein Werk über die Zeit und eine Darstellung der "Verhässlichung der Welt" im Niedergang der Architektur, so der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.09.2012

Als "brillantes Romanfeuerwerk" lobt Rezensent Andreas Isenschmid Alan Hollinghursts neues Buch "Des Fremden Kind" - auch wenn er gestehen muss, dass seine Begeisterung im Verlauf der Lektüre ein wenig nachlässt. Im Mittelpunkt des Romans, der, so Isenschmid, ein "Jahrhundertpanorama" entfaltet, steht der schöne aristokratische Dichter Cecil Valance, der im Jahre 1913 ein Verhältnis mit seinem Cambridger Kollegen George Sawles und dessen Schwester Daphne beginnt und kurz vor seinem Tod ein adressatenloses Gedicht hinterlässt, das wenig später von Churchill in der Times zitiert wird. Fasziniert folgt der Kritiker den bis ins Jahr 2008 reichenden Recherchen der Hinterbliebenen, die sich auf die biografischen Spuren Cecils begeben und versuchen, die Bedeutung des Gedichts zu entschlüsseln. Der Rezensent liest hier nicht nur herausragende Schilderungen von aristokratischen Interieurs und Partys, sondern erfährt auch einiges über die Geschichte der Homosexualität im viktorianischen Zeitalter bis zur eingetragenen Partnerschaft. Während Isenschmid insbesondere die unmittelbare und "frische" Erzählweise des Autors lobt, muss er leider gestehen, dass Hollinghurst die Spannung nicht bis zum Ende des Romans aufrecht erhalten kann.
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